Unerwartet. Außerordentlich verwunderlich. Imposant-entrückt.
Wie ein fremdartiges Wesen, das letzten Donnerstag ins magische Zirkuszelt des UT Connewitz einflatterte.
Hatte ich doch nur per Wimpernschlag überhaupt von ihrem Kommen erfahren.
Und dann steht sie da, der weibliche JESUS der modernen düsteren Pop-Oper. Und erfüllt diesen altehrwürdigen Raum mit ihrer anmutigen Rätselhaftigkeit. Ein zutiefst versunkener Zauber elegischer Größe.
Massiv. Atemberaubend. Und dabei dennoch von rauher Rigorosität. Ein absolut eigentümliches, ihrem abgeschieden-wunderlichen Wesen immanentes Universum, das sich da vor den gierigen Augen ausbreitet.
So präsentiert das 'ALIEN' Zola Jesus ihr aktuelles Album
Conatus. Conatus - lateinisch für 'Persistenz'/'Selbsterhalt' - den zelebriert sie in jedem ihrer Lieder:
"Music helps me communicate what is going on in my head. It helps delineate ideas that I have trouble putting in words." [LA Record Interview]
Dem gegenwärtigen ÜBERaufgepeitschten, HYPERrealen PopDisneyland der Gaga'schen Ära setzt sie damit ein vehementes GegenGewicht mit Ausrufezeichen.
Und sie, die selber von sich sagt, eine fundamentale Angst vor Auftritten zu haben [
"Performing was always the hardest part and it' s still the hardest, just because you can't take it back..." - Dazed Digital Interview], sie wuselt und wirbelt, flattert und schwirrt auf der Bühne herum, als gäbs keinen Morgen mehr. Sie tänzelt und biegt sich, windet sich um alles, um sich selbst.
Arme gen UT-Himmel gestreckt. Der Blick ins Unbekannte gerichtet. So könnte sie nicht nur die weibliche Version des göttlichen Erlösers sein. Nein, sie ist es!
Verschnürtes Engelswesen, das in konzentriert-geballter Form seine Stimme zu den krachend-treibenden Beats scheucht. Unglaublich prägnant und doch mit jedem Wort/Ton zögernd, steht sie da im blendenden Licht - eine Leuchtgestalt voll graziler Heftigkeit. Puristisch. Fiebernd.
Und als könnte keiner diese 'Erscheinung' festhalten, jagt und flüchtet sie von einem Ende der Bühne zum anderen, entschwindet in der Menge, verknotet sich in den Kabeln, galoppiert von vorn nach hinten und wieder zurück, fällt dann knieend auf den Boden nieder, sich tranceartig vor und zurück wiegend, mit den Worten hadernd, lauernd, um kurz darauf wieder wie ein federleichter Donnerschlag auf und davon zu sein.
Mal fragiles Blatt im Wind, mal mit grollendem Timbre, so begeht sie- einem über-irdischen Dirigenten gleich - das stimmgewaltige Leiden an der Welt. Dabei gleitet und zuckt ihr silhouettenhafter Körper rastlos durch ihre Live-Performance.
Viel zu kurz, könnte frau da impulsiv aufschreien, als nach einer Stunde das entrückte Spektakel ein abruptes Ende nimmt. Allein das metaphysische Leuchten dieses seltsamen Aliens bleibt zurück, nimmt mich mit hinaus in die fröstelnde Dezembernacht.
Alle Fotos zum Konzert, hierentlang: Zola Jesus in Concert
Zola Jesus - UT Connewitz - Leipzig - 01.12. 2011.