Samstag, 14. November 2015

Einmal Himalaya hin und zurück, bitte!

Wie fange ich an, etwas zu beschreiben, was gefühlt eine halbe Ewigkeit zurückliegt? Was eigentlich im sprichwörtlichen Sinne unbeschreibbar ist? Etwas, was man nur selber am + mit dem eigenen Körper erfahren/erlitten/bewältigt haben muß? Etwas, dass es so nur einmal auf der Erde - im majestätischen, kaum begreifbaren Himalaya, dem "Dach der Welt" gibt?
Etwas, dass mich so oft sprachlos + "klein" werden ließ. Dass mich jeden verdammten Tag, jede einzelne Minute physisch herausforderte!
Mir, dem selbsternannten "Wortzauberer", fehlen jegliche Worte!
Und ich muß gestehen: Ich vermisse sie! Jeden Moment, seitdem wir in diesen RumpelPartyBus nach Pokhara gestiegen sind! - Stell dir vor: Vier Wochen lang schmeißt du dich 5:30 aus dem Bett, mampfst köstlichstes Tibetan Bread in dich hinein, schlürfst hingebungsvoll an deiner Tasse Massalatee, schwingst dir wortlos deinen 12kg-Rucksack auf die Schultern, und fängst einfach an loszuschlappen. Jeden Morgen das gleiche unhinterfragte Ritual. Jeden Tag kämpfst du mit deinen Wehwechen, deinen Rückenschmerzen, deinem Ziehen im Arsch, deinem trotzigen Ego, das jetzt eigentlich ABSOLUT keine Lust mehr hat weiterzumaschieren. Und dennoch läufst und läufst du wie ein fremdgesteuerter Roboter um dein Leben. Der Blick nur nach vorn gerichtet, einzig fokussiert auf den nächsten Schritt, die nächste Stufe, den nächsten Brückensteg, den du zu überwinden hast. - Diese unbedingte Augenblicklichkeit, totale Gegenwärtigkeit, die du mit jeder Sekunde ein- und wieder ausatmest! Du bist dermaßen in und mit dieser "Körperlichkeit" des Auf+Absteigens verbunden/"gefangen", dass dein Geist automatisch mit jedem erarbeiteten Höhenmeter stiller wird - bis er irgendwann ganz verstummt. Dann erreichst du beinahe so etwas wie die Stufe der "übernatürlich-inneren Leere". Du stiefelst ganz für dich "allein" durch diese anfangs noch schwül-tropische Reislandschaft, die später in kargste Mondlandschaft übergeht. Du bist bei dir. Und nur bei dir. Hörst einzigst auf die Rückmeldungen deiner Beine, deiner Atmung. Wie geht es mir gerade? Was brauche ich jetzt? - Tag für Tag einfach "Sein". Die äußere Stille, die in dir widerhallt. Eine nie dagewesene Tiefenentspannung. Stresslosigkeit. Dein Geist reduziert auf minimalste Existenzentscheidungen: Essen. Dusche. Wäsche waschen. Bergeguckn. Teetrinken. Schlafen. Das täglich immer wiederkehrende Erstaunen über das Erreichte. Über die eigenen Teilerfolge - wenn du merkst, dass es dir von einem QuälAufstieg zum nächsten ElendsAufstieg immer leichter fällt, bis du letztendlich fast "hinauffliegst", in einem wahren Rauschzustand. - Wir wurden nicht umsonst die "SpeedQueens" getauft!:-)
Und jeden Tag die immer wiederkehrende Freude, endlich angekommen zu sein! Allen Packesel-Ballast von dir zu schmeißen. Unter den mal warmen, mal eiskalten Wasserstrahl zu stehen und jegliche Anstrengung von dir zu reiben. Ungeduldigstes Warten aufs Essen - Mit einer für mich untypischen Lust und Seligkeit mampfe ich wie ein Scheunendrescher! - Was gibt es Schöneres?!!! - Dann sackt dein gepeinigter, muskelgestärkter Körper in den AbspannModus. Will sich nicht mehr aus dem Stuhl bewegen. Will nur noch literweise den heißgeliebten MassalaTee trinken (Unsere KaffeeErsatzDroge.) und Buch lesen (Wenn man denn eins dabei hätte, haha!). - Diese unvorstellbar einfache Glückseligkeit, ohne jegliche "westlich-nervige" Ablenkung! Sie läßt dich auch wie ein Kleinkind spätestens um 19/20 Uhr in deinen kuscheligen Schlafsack sinken. EndeAusMickeyMaus. Am darauffolgenden Tag beginnt das gleiche "Spiel" von vorne. Ohne Wenn und Aber. Ohne irgendwelche ich-verliebten Ansprüche. Du gibst alles, wozu du imstande bist und nimmst dankend an, was dir zurückgegeben wird.
Manchmal ist das Leben so einfach wie ein Schneemann!

Fast immer laufen wir schweigend neben oder nacheinander den steinigen Weg entlang, die Vorderfrau bestimmt die Richtung, die Nachhut - meistens der schlabbrige "Schlendrian"-G.Fish - eiert hinterher. Ich merke sofort nach dem morgendlichen Start, ob ich gut oder eher mies gelaunt bin, ob ich mich fit fühle oder "verbraucht". Wenn der Goldfish eine "grandiose" AufstehPhase erwischt hat, dann ist er für alle in seiner näheren Umgebung "erschreckend" grußfreudig: Ein breit grinsendes "Namaste!" zu allem und jeden, der uns entgegen kommt. Nummer2 schaut mich dabei leicht "argwöhnisch" von der Seite an. - Jaa, ich kann auch anders! - Wenn ich dagegen, oder eher wohl mein unverkennbar energisches Ego, schlaff + kraftlos den Morgen beginne - sei es durch die ersten 12! "SCHLAFLOS IN NEPAL"-Tage, die ich mir immer noch nicht so recht physikalisch erklären kann, sei es durch lethargisch-müde Beine, die sich am Anfang des Treks gewaltigst umzustellen hatten - von trägem "CouchPotato" hin zur täglichen Workout-Manie - , bei gnadenlos-unendlichen Steinstufen-Abschnitten, die gerne auch schonmal eine ganze Tagesetappe anhalten können, oder der am Ende streckenweise einsetzenden "Naturmüdigkeit" (Was macht der G.Fish eigentlich SO lange hier in den Bergen? - No1: "Ich hasse Berge." No2: "Waaaaaas?....") - Wenn ich mich also in diesem egoistischen Kleinkind-Aggro-Zustand befinde, dann fluche ich innerlich wie ein verzweifelter Rohrspatz, der gerade glaubt zu krepieren, schiebe automatisch meinen gesamten Frust auf die zweite anwesende Person (Wie bequem diese Verantwortungsabgabe!), muss mich dann beim SelberErtappen konsequent ermahnen ("Bloß weil du kleiner Hosenpisser gerade keinen Bock mehr auf nix hast, brauchst du hier nicht wie ein armseliges Würstchen wehklagen. Nummer2 kann absolut nichts dafür, dass du deinen untrainierten Körpersack hier durch die Gegend schleppst. Sie hat nicht Schuld, dass hier gerade alles so schonungslos öde und staubig ist und du nen Scheiß gibst auf diese Landschaft! Halt die Klappe und lauf!").
Wer sich nicht beschwert, wird hiermit belohnt!
Und wie erstaunlich "geschmeidig" sich die beiden Goldfishe während des gesamten Treks ergänzt haben! Noch NIE verbrachte ich 24/7 soviel Zeit mit einer anderen Person, ohne dass ich auch nur kleinste "Auf-den-Sack-Geh"-Anzeichen verspürt habe! In einer äußerst respektvollen, sich aufeinander abstimmenden und meist übereinstimmenden Weise haben wir beide die "Once In A Lifetime"-Erfahrung gemeinsam durchlebt. Waren beide, mal mehr, mal weniger frisch motiviert, wenns ums alltägliche Losdippeln ging, waren beide unglaublich erleichtert beim Erreichen des Tagesziels, hielten beide die Klappe, wenn nichts gesagt werden mußte (Zusammen mit dem Anderen schweigen, ohne sich unwohl zu fühlen, ist einzigartig.). Fieberten beide ungeduldig-gespannt den Leckereien aus der Küche entgegen, laberten über die essenstechnisch komplizierte Psychologie von Kindergartenkinder, über fatale Nicht-Kommunikation und eben auch "Verantwortungsabgabe". Sie ließ mir genug Raum, um ICH selber zu bleiben. Nahm mir kaum etwas übel (Es sei denn, ich "bestand" darauf, ja nicht zurückzulaufen, während No.2 aus "Sicherheitsbedenken" den Rückwärtsgang einlegen wollte! - Die einzige, kurz-konfuse Szene zwischen uns auf dem elend langen PassAbstieg nach Muktinath, bei der unsere NavigationsStrategien zu stark auseinander drifteten. Und bei der der G.Fish sein garstiges NEIN!-Ego zurückpfiff, um No.2 in die andere Richtung zu folgen:-). Eine ReiseGefährtin, die auch ohne Dusche+"Luxus" entspannt blieb (Selbst wenn wir nur in der Blechhütte übernachtet haben.). Deren Dal-Bhat-Fixiertheit (24 Hours!) und "Führer-Hörigkeit" ich amüsiert zur Kenntnis nahm (genauso wie ihren "Gehfehler", ihre unfassbar langsame Art zu rauchen und die in meinen Augen leicht chaotische Packweise ihres Rucksacks :-) - All diese Kleinigkeiten, die bei einer so langen, gemeinsam verbrachten Zeit unweigerlich irgendwann ins Auge fallen, machen am Ende die Person an deiner Seite unsagbar "besonders". Und du lernst es wahrlich zu schätzen, dass da Jemand ist, mit dem du all die großen Leiden, genauso wie die kleinen AlltagsKuriositäten teilen kannst. Mit dem du lachen kannst, selbst wenn es gerade ziemlich "arg abgeht"! Jemand, der mitschaut, der vielleicht im passenden Moment das richtige Händchen für den Weiterweg hat. Ein zweiter "Goldfish", der dein eigenes VergesslichkeitsSyndrom mit dir teilt! :-) - Wir blieben beide gleichzeitig fasziniert stehen, wenn uns mal wieder einer der schneebedeckten Gipfel grüßte (Deinen "Ersten" vergißt du nie!), hatten manches Mal die selben unausgesprochenen Gedankengänge ("Ach was?!") und durch sie war "TierkinderSchwärmerei" legitim.
Gemeinsames Highlight No.1 - Thorung La auf 5416m.

UNAUFGEREGT-AUFREGEND, so waren diese sieben Nepal-Wochen mit dir, meine zweite Hälfte! Ich danke dir für jede Sekunde, die du mit mir "ausgehalten" hast!:-) Für jeden Moment, bei dem ich das Gefühl hatte, nicht allein zu sein (mit all meinem SelbstLeiden oder auch der ungebändigten Freude, die genauso ab+an ein Ventil braucht). Es war für mich vor allem ein "soziales Experiment" - Ihre Frage "Wozu brauchst du mich eigentlich?" ist einfach zu beantworten: Ohne dich wäre ich niemals auf die Idee gekommen, zum Trekking nach Nepal zu gehen (ICH und "WANDERN"? ... NIEMALS!)! Ohne dich wäre all das Durchlebte weniger spannend und "farbenreich" gewesen! Und ohne dich wäre ich nicht gezwungen gewesen, soviel Abstand von meiner ICH-Zentriertheit und Isolation zu nehmen! Dank dir weiß ich: Ich bin garnicht so "asozial", wie ich immer gedacht habe:-) Und: Ich übte mich nach langer Zeit mal wieder darin, Kontrolle abzugeben (oder vielmehr abgeben zu müssen/dürfen) und sich dabei dennoch nicht "unwohl" zu fühlen. - Du hast mir einige fundamentale Lektionen des "Zusammenseins" erneut näher gebracht, ohne hierbei allzu "aufdringlich" zu sein! DANKE!
[Mein erster, leicht hilfloser Gedanke nachdem ich dich am Kathmandu-Airport abgeliefert hatte: "Und wer passt nun auf mich auf?" sagt Einiges!:-) - Habe mich wahrscheinlich zu sehr an deine unmittelbare Gegenwart gewöhnt, hehe! - Aber keine Angst! Das hier soll nicht zu einer "Liebeserklärung" an dich ausarten, also Schluß jetzt!]
ABSOLUT-Highlight No.2 - AnnapurnaSanctuary - dem WahnsinnsAmphitheater in eisigen 4130m.

Ich habe mir geschworen: Ich werde, nein! ICH MUß WIEDERKOMMEN!
Bin bereits durch andere, mir berichtende Trekker auf neue Herausforderungen in den MajestätsBergen gestoßen, die ich kaum abwarten kann anzugehen! Und mein sehnsüchtiger, leicht "schmerzender" Blick zurück, als ich beim Abflug von Kathmandu, auf der rechten Seite sitzend, diese grandiose Endlos-Himalaya-Kette noch einmal von oben erspähe, spricht wohl Bände!!!...

Ps. Alle Bilder zu Lost In Nepal-India finden sich hier. Viel Spaß!]

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