Samstag, 31. Dezember 2011

Blauer Abgrund.





I am Free, that is why I'm Lost. - Aesthesys.













 
[ In Reminiszenz an einen einzigartigen Moment in meiner LebensSammlung. - Gestern vor einem Jahr schwamm ich in diesem großen Nass und blickte hinab in das schillernde Universum fluoreszierender Farben und Wesen. One day at the Great Barrier Reef. My day! ]














[ Leider nicht meine Unterwasserbilder. Screenshots von Deep Blue . ]

Donnerstag, 29. Dezember 2011

Exkurs.

Gestern habe ich - relativ "unerwartet" - einen meiner MöchteIchNochSehn-Orte dieser Welt abgehakt.
Seit nunmehr fast zehn Jahren schwirrte mir dieser schemenhafte Name immer mal wieder in meinem Geist herum, meist nur gedacht und nie in die Tat umgesetzt. Oft auch einfach vergessen.
Doch gestern schmiss ich mich morgens um sechs in die Citroene und fuhr in den "tiefsten" Osten, heisst ins tschechische Land der vergessenen Winkel und der immerwährenden leicht abgasgetränkten Trostlosigkeit.
Noch immer verkümmern alte Mülltonnen im DDR-Stil am Strassenrand. Noch immer bröckelt die Fassade an Vergangenem. Noch immer finden sich hier und da altbekannte "PolenRamschMärkte" und "dubiose" AutoBazare.
Und doch gibt es hier in diesem abgewrackten Landstrich ein kleines Nest namens Kutná Hora, in dem sich seit einigen Jahrhunderten ein gar eigentümlicher Schauplatz der makabren Zurschaustellung befindet.
Von dem 'Knochenkünstler' Frantisek Rint kunstvoll geschaffen, erlaubt das Beinhaus Sedlec einen skurril-morbiden Blick auf die Vergänglichkeit in Form von Abertausenden sakralen "Knochenkunstwerken", die aus den Resten von mehr als 40.000 Skeletten neu zusammengefügt wurden. So geraten Prozessionskreuze, Knochenleuchter, Schädelgirlanden und Altar zu bizarren Vanitas-Symbolen, die, in Wettstreit mit den meterhohen Gebein-Pyramiden, ein Inferno der leeren Augenhöhlen und Todesfratzen abliefern.
[Genau das Richtige also für den Goldfish, hehe.]










Und wenn frau einmal in dieser Gegend ist, warum nicht noch schnell einen Schnelldurchlauf durch Prag nachschieben?! Umschworren von Tausenden Wintertouris, die uns anscheinend um jede Häuserecke verfolgten, hat sich innerhalb von wenigen Stunden mein seit Jahren hartnäckig gehaltener Prag-Mythos drastisch relativiert. Ich kann mir wahrlich nicht vorstellen, zu welcher Jahreszeit diese Stadt noch einen Hauch von Geheimnis und Magie in sich trägt, wenn selbst an einem so trüben Dezembertag wie gestern die Strassen von dumpfen Trubel und lauter "Hässlichkeit" zugestopft sind! Aber ich bin dieser Entzerrung meines eigenen geistigen Bildes nicht böse. Im Gegenteil. Nun kann ich auch mit gutem Gewissen hinter Prag das Häkchen setzen.







Hier gehts zur ganzen Fotoschau  des Ostens!

Dienstag, 27. Dezember 2011

Nur die Ruhe.


[ Ein verspäteter Kommentar zu den vergangenen Tagen. ]

Samstag, 24. Dezember 2011

Still.






 Werde still. Schau hin. Lausche. Sei präsent.
 [...]
 Nimm die Vollkommenheit des Lebens an.
 Sie ist schon da.
 In diesem Augenblick.
                               


                                     


                                    [Eckhart Tolle - Eine neue Erde]




[ Eigentlich wollt ich mich ja hier lauthals darüber beschweren, dass ICH - die Weihnachtshasserin par excellence - gestern zum "Baum"(i.G. handelt es sich eher um ein StrauchUngetüm!)-Schmücken verdonnert wurde, und ich eine geschlagene Stunde (!) damit zubrachte, mich von harzigen Nadelzweigen in die Augen pieksen zu lassen, zwischen Kugelgedöns und FarbBeratung auf allen Vieren kroch, und schließlich fast nen AusrasterKoller bekam als die Lichterketten mich fast in sich selbst verwurstelten.
Wie gesagt: Eigentlich.
Aber ich lass mich heut einfach mal von Ecki's mahnenden Zeigefinger leiten. Und halt einfach meine Klappe.]

Donnerstag, 22. Dezember 2011

Biutiful Loser N°2.


Und weil wir gerade bei 'durchgeknallt' sind, habe ich mir gestern doch das neue Werk des ebenfalls leicht verschrobenen Álex de la Iglesias angesehen.
Ich kann nur sagen: LOCO! TODOS LOCOS! TOTALMENTE!
Absolut irrsinnig. Völlig grotesk. Maximalst daneben. Herrlich exzentrisch. Und dabei immer mit einem verschmitzten Augenzwinkern: Mad Circus - Eine Ballade von Liebe und Tod hat so ziemlich alles was exzessiven Wahnwitz in Zelluloid sympathisch machen kann: Liebestolle Hunde. Eifersüchtige Elefantendamen. Rachelüsterne Todesengel. Despotisch-menschliche Degradierung weit über die Schmerzgrenze hinaus. Nackte Wildheit. Clowneske Abartigkeiten. Krachender Kugelhagel. Und immer wieder die Liebe als raison d' être, als raison des Wahnsinns.
Ein brachialer Bildersturm exaltierter Emotionen-Abgründe-Höllenqualen. Ein burlesk schillerndes Kaleidoskop der Unberechenbarkeit, die mit tonnenweiser Munition und mächtig viel 'Kollateralschäden' ihre Spur auf den Asphalt einbrennt.
Brutalo-Kino unterm Zirkuszelt des spanischen Masochismus, ausgetragen vor dem Terror des diktatorischen Franco-Regimes. Und dabei knallen zwei Exemplare gesellschaftlichen Außenseitertums dermaßen aneinander, dass diese "tristesten Erzeugnisse der Zivilisation" [Ciprian David - negativ-film] bis zum Äußersten lechtzen.
Streng genommen total atypisch, denn:
Der Clown, ein AufTeufelKommRaus-Entertainer ohne jegliche individuelle Gesichtszüge, muss unterhalten, selbst wenn ihm zum Weinen ist. Er darf so einiges (auch Tabus brechen), ohne dabei jedoch wirklich 'gefährlich' für die Öffentlichkeit zu werden. EIGENTLICH! In Iglesias wütender Treibjagd dagegen zelebrieren 'Der lustige Clown' (in Wirklichkeit ein wahrer Sadist, der mit seiner zerfetzt-zusammengeflickten Visage Batman's Joker glatt Konkurrenz machen könnte) und 'Der traurige Clown' (der anfängliche AntiHeld jeder Show, der sich jedoch mit verätzt-bügeleisenverbranntem Gesicht zu einer Tour de Force aufschwingt) eine öffentlichkeitsgefährdende Schlachterei par excellence. - "Wäre ich nicht Clown geworden, wär ich ein Mörder!" - Da wird geballert, was die Munitionsvorräte hergeben. Da geht es mit hasserfülltem Blick - die 'heiße' Braut im Schlepptau - sogar bis ganz nach oben, dem gekreuzten Himmel entgegen (religiöse Symbolik schaut immer gut aus!). Drunten tobt die aufgewühlte BullenMeute. Der TorpedoMotorradFahrer zündet seine letzte Boing747-Geschoß-Ladung. Doch erst wenn der 'Liebe' das Rückgrat krachend entzweibricht, entsagt der Wüterei die Kraft, und zwei verzehrt-verzerrte ClownsFratzen bleiben keuchend, desperat zurück.
Liebe aus. Gemetzel aus.

"Und von welchem Zirkus seid ihr?"   

Dienstag, 20. Dezember 2011

Und weil wir gerade beim Thema (zuviel) Freiheit sind...

...zücke ich noch einmal meine (wiederhervorgekramte) 'Bibel' der Träume.
Auf ihrem jahrelangen Weg (und der Weg war es letztendlich, der die eigentliche Essenz ihres Traumes war) von Argentinien bis hoch nach Alaska trafen Candelaria & Herman Zapp in Belize eine Maler, dessen Worte mir augenblicklich in den Sinn flattern:

"And it might be difficult to believe, but almost everyone is AFRAID OF FREEDOM, to do what they want and how they want.
We are always striving to fit in, to be within the 'normal' parameters and do things like everyone else. Looking for ways to be busy, to have some obligations, to be an employee with a schedule, to receive orders when we could be our own bosses, [...] don't tie yourself, do those things which can be actually begun and finished in a period of time, don't make them eternal, don't buy on credit because this only enslaves you. Don't accumulate valuable belongings that always make you take care of them or watch out for, because your possessions should be at your service.
Remember the richest one is not the one who has the most, but the one who needs the least."

Und als würde sich der letzte Satz wie eine unsichtbare Schnur entlang ihrer Route fädeln, sagte bereits ganz zu Beginn ein peruanischer einfacher Mann zu Herman:

"If you go lightly, you go freely."

Manchmal scheint es, haben wir, die lang-erzogenen wohlsozialisierten 'Erwachsenen' diesen Kern der Freiheit  im Strassengraben entsorgt, so als wäre es ein Zeichen vormoderner Unreife. Die omnipräsente Konsumkultur hat uns ja heute mit ihrem Diktat der schnell-lebigen Akkumulation von Dingen, Bildern, Images fest im Griff.
Scheint es!

"We are responsible to be happy and IF THAT MEANS WE HAVE TO ACT LIKE CHILDREN, LET'S WELCOME IT."
[Herman Zapp - Spark your Dream ]

Intravenöse Deflation. [Nicht gut.]

SchneeGekräuseltes Etwas das vom Himmel purzelt.
Verschwommene Zeiger ohne jeglichen Diktus.
Wattierte Gefälligkeit des allumfassenden Nichts.
Seiltänzerische Sinnfälligkeit.
Leckgeschlagene Struktur.
Gescheiterter Sarkasmus, an sich selbst von vorn bis hinten durchexerziert.
Gefühlte GlühwürmchenExistenz, die den zündenden Moment verpasst zu haben scheint.
Ein Vademecum der Endlosigkeit.
Muss mich selbst zu oft gerade an die Zeit an sich erinnern.
Zu sehr ...
Comatose[d].
Goldfish (s) - Eingetütet.

Montag, 19. Dezember 2011

Puzzle.

"I see [...] life [...] like a puzzle that is assembled with moments: there are pleasant ones and annoying ones, some parts are difficult and others come together easily. It is so fragile that at any moment, everything could break down. However, what's so beautiful is that you can always begin again."

[ Herman Zapp zum Zweiten ]

Dreamer.

 
"Don't look for excuses, look for reasons to live and among them you'll  find your dreams.
Inside of each of you is a dreamer.
Inside of each of you is something divine.
Don't deny that part of you, give it a chance."

[ Herman Zapp @ the "end" of his dream: Der Weg von Argentinien nach Alaska - Spark your Dream ]

Mittwoch, 14. Dezember 2011

Verwirrt.

Seit wann stürzen eigentlich Sternschnuppen senkrecht zu Boden?
Und seit wann tun sie das um sieben Uhr morgens??

Was war da los?

[Was war da mit mir los?!!]

Sonntag, 4. Dezember 2011

Das verquirlte Alien.

Unerwartet. Außerordentlich verwunderlich. Imposant-entrückt.
Wie ein fremdartiges Wesen, das letzten Donnerstag ins magische Zirkuszelt des UT Connewitz einflatterte.
Hatte ich doch nur per Wimpernschlag überhaupt von ihrem Kommen erfahren.
Und dann steht sie da, der weibliche JESUS der modernen düsteren Pop-Oper. Und erfüllt diesen altehrwürdigen Raum mit ihrer anmutigen Rätselhaftigkeit. Ein zutiefst versunkener Zauber elegischer Größe.
Massiv. Atemberaubend. Und dabei dennoch von rauher Rigorosität. Ein absolut eigentümliches, ihrem abgeschieden-wunderlichen Wesen immanentes Universum, das sich da vor den gierigen Augen ausbreitet.
So präsentiert das 'ALIEN' Zola Jesus ihr aktuelles Album Conatus. Conatus - lateinisch für 'Persistenz'/'Selbsterhalt' - den zelebriert sie in jedem ihrer Lieder: "Music helps me communicate what is going on in my head. It helps delineate ideas that I have trouble putting in words." [LA Record Interview]
Dem gegenwärtigen ÜBERaufgepeitschten, HYPERrealen PopDisneyland der Gaga'schen Ära setzt sie damit ein vehementes GegenGewicht mit Ausrufezeichen.
Und sie, die selber von sich sagt, eine fundamentale Angst vor Auftritten zu haben [ "Performing was always the hardest part and it' s still the hardest, just because you can't take it back..." - Dazed Digital Interview], sie wuselt und wirbelt, flattert und schwirrt auf der Bühne herum, als gäbs keinen Morgen mehr. Sie tänzelt und biegt sich, windet sich um alles, um sich selbst.
Arme gen UT-Himmel gestreckt. Der Blick ins Unbekannte gerichtet. So könnte sie nicht nur die weibliche Version des göttlichen Erlösers sein. Nein, sie ist es!


Verschnürtes Engelswesen, das in konzentriert-geballter Form seine Stimme zu den krachend-treibenden Beats scheucht. Unglaublich prägnant und doch mit jedem Wort/Ton zögernd, steht sie da im blendenden Licht - eine Leuchtgestalt voll graziler Heftigkeit. Puristisch. Fiebernd.
Und als könnte keiner diese 'Erscheinung' festhalten, jagt und flüchtet sie von einem Ende der Bühne zum anderen, entschwindet in der Menge, verknotet sich in den Kabeln, galoppiert von vorn nach hinten und wieder zurück, fällt dann knieend auf den Boden nieder, sich tranceartig vor und zurück wiegend, mit den Worten hadernd, lauernd, um kurz darauf wieder wie ein federleichter Donnerschlag auf und davon zu sein.
Mal fragiles Blatt im Wind, mal mit grollendem Timbre, so begeht sie- einem über-irdischen Dirigenten gleich - das stimmgewaltige Leiden an der Welt. Dabei gleitet und zuckt ihr silhouettenhafter Körper rastlos durch ihre Live-Performance.
Viel zu kurz, könnte frau da impulsiv aufschreien, als nach einer Stunde das entrückte Spektakel ein abruptes Ende nimmt. Allein das metaphysische Leuchten dieses seltsamen Aliens bleibt zurück, nimmt mich mit hinaus in die fröstelnde Dezembernacht.


Alle Fotos zum Konzert, hierentlang: Zola Jesus in Concert 


 Zola Jesus  - UT Connewitz - Leipzig - 01.12. 2011.

Dienstag, 29. November 2011

Aufruhr im Hirn.

OFF THE LEASH.

Von der Leine gelassen.
Wie ein wildes Tier stürmt es die Sicherheitszone.
Rasend, mörderisch, obsessiv.
Dabei so unverschämt unbeeindruckt von sorgsam zurechtgezimmerten Fallgruben.
Hinterlässt es doch gleich selbst ein neues Netz aus listigen Fangeisen.
Zackbumm.
Erwischt.

Wie ein Buch beschreiben, das weder simpel, genügsam oder blosser Zeitvertreib ist?
Wie die Worte finden, wenn der radikalste-poetischste MetaphernOrkan noch immer in den Ohren schrillt?
Wie die Gedanken ordnen, wenn der Geist noch immer zittert und bebt vor expressiver Erschöpfung?
Wie dem Kopfkino eines so begnadeten Musikers und Songwriters habhaft werden, dessen Universum seit jeher um Mörder, Huren, rachsüchtige Liebende, Freaks, Verrückte kreist?
Wie, zum Teufel nochmal, dem dunklen Sumpf der Revolte entkommen, wenn die gierigen SchlickHände an dir bedrohlich zerren?
Immer weiter hinab in den Abgrund des Bösen?

Nick Caves erster Ausritt in die literarische Welt [und der datiert nun schon bereits zurück aufs Jahr 1989] ist wahrlich kein vergnüglicher Tanz auf den Wolken.
Jedenfalls nichts für zartbesaitete Mauerblümchen.
Nichts für Liebhaber theatralischer ZuckerwattenSprache.
Nichts für idealistische Verfechter von solidarischer Gemeinschaft und lauschigem Familienleben.
Nichts für missmutige RegenHasser.
Nichts für existentielle GrenzPfosten.
Nichts für all jene, die sich vor diversen menschlichen Körpersubstanzen und -flüssigkeiten scheuen.
Nichts für LeidVerachter und HorrorUnwillige.

Kawara's Thanatophanies - Perfekte Ikonen des Grauens.
Und die Eselin sah den Engel.
Das ist tausendjährig währender Rabatz für all die bis dato geltenden (Lese)Normen.
Das ist beinharte Wortgewalt.
Ein bitterböse Galle speiendes MonstrositätenKabinett, wo der Wahnsinn zuhause ist.
Das ist dreckigste Blutschande, sadistischste Scheinheiligkeit, rabenschwarzestes Mordsgezeter, tiefstes Sumpfland, abgründigster Fanatismus.
Ein kolossaler Zusammenstoss auf der Nervenautobahn.
Die intellektuelle Massenkarambolage bei Tempo 300.

Ein wahres MONSTER von Buch.


So IRREGULÄR, so ABSONDERLICH, so vollkommen BIZARR, dass es mich tagelang zum SchlafVerweigerer gemacht hat.



Konfus.
Ja, sowas von konfus.
Und von solch gewaltsamen Ausmaß, dass kein noch so bluttriefender SlasherFilm jemals an dieses Bestiarium heranreichen könnte.
Besessener des Leids.

Es ist ein Roman. Und doch eher Fragment.
Ein biblischer Exzess [im wortwörtlichen Sinn] der Entmenschlichung.
Vorgetragen von einem, der sterben wird.
Verstummt. Geschunden. Blass und blutleer.
Ein Aussätziger. Ein Wilder.
Tausendfach in den Arsch gefickt. Halbtod geprügelt. Geschändet.
Ein Getriebener. Ein Phantom.
Einer, der schon immer im Loch des Lebens feststeckte.
Und nun in seinem Schlammgrab langsam nach unten sinkt.


Der Gaumen dieses zahnlosen Grabs saugt mich hinab - in diesen Sumpf, diesen Schlund, doch hab ich Angst, mir die Mordhand naßzumachen. In Wahrheit nämlich haben die zwei Krähen es auf meine Augen abgesehen - wie falsche Fuffziger kreisen sie und lauern, während da oben die wallenden Nebel sich zusammenrollen und sterben, und jetzt merk ich, daß es dunkler wird, und bin doch erst zu einem Viertel untergegangen - höchstens - und sinke weiter.

Es ist Euchrid Eucrow, Mörder und Selbstmörder, der hier aus seinem selbst geschaffenen Grab spricht.
Ein Niemand, geboren im fernen gottverlassenen Tal der Ukuliten, einer fanatischen, bigotten Sekte.
In eine Welt hineingeschlittert, die ab diesem Zeitpunkt mehr denn je einer stinkenden Jauchegrube gleicht.
Gezeugt von einer verschnapsten Höllensau ["Zu besoffen zum Pressen" ] von Mutter und einem verkrümmt[en], von Zorn verzehrten Fallensteller als Vater. Jener ein Abkömmling des berühmt-berüchtigten Morton-Clans, einer SerienmörderFamilie voll Inzucht, Kot und Schlächterei.

#2, das ist Euchrid. #1, das ist sein Bruder, der genau wie er neben ihm in eine mit Zeitungspapier ausgelegte Obstkiste deponiert wurde. Seite an Seite stehen die Kisten völlig unbeachtet auf dem Tisch in der Hütte - schwummriges FuselLicht erhellt den Raum -, bis der Erstgeborene kurz nach der Geburt unvorhergesehen stirbt.

"Auf Wiedersehen, Bruder", hab ich zu mir gesagt, als er sich fortschlich, und eine ganze Minute lang dachte ich, auch ich würde untergehen, so verdammt kalt war sein Sterben.

Verzweifelt versucht der Winzling Euchrid in einer Art MorseSprache, bestehend aus Pochen, Klopfen und Pausen, Kontakt mit dem toten Etwas neben sich aufzunehmen [ Ich mein, woher hätt ich wissen sollen, wie verflucht tot ein Toter wirklich war? ]:

"Vergiß-Deinen-Bruder-Nicht-Antworte"
Aber das tat mein Bruder nicht. Ich klopfte ein zweites Mal und fügte am Ende ein "Bitte" an, doch wieder kam keine Antwort. Unverzagt erzählte ich ihm dann, was ich vom Leben wußte [...]
"Das-Leben-Ist-Böse-Ist-Die-Hölle-Kannst-Du-Fliegen-Höll-Hell-Hilfe"

Schon damals in seiner kleinen Kiste schwante Euchrid nichts Gutes über seinen bevorstehenden Weg.

Bis zum heutigen Tag ist es mir ein Rätsel, wie ich es geschafft hab, mein Dasein in jener Obstkiste zu überleben. Denn zu behaupten, ich sei ein geprügeltes Baby gewesen, wäre mehr als bloß ein bißchen richtig - "es wäre vollkommen richtig! Ja! Ich war ein verdammt geprügeltes Baby!"

Und wie er da so lag und grübelte [Ohja! Selbst FrischGeborenes ist sehr wohl in der Lage reflexive Loopings zu vollbringen!], stürzten kreischend Schwärme von amputierten Insekten kreisel[nd] in seine "Wiege". Geröstetes KadaverGejammer, verbranntes MottenGewinsel. Euchrid blutete vor Schreck das Hirn.

Like a Phantom.
Von dem Zeitpunkt an offenbarte sich dem schmächtigen, schattengleichen Jungen immer mehr die Abgründigkeit des Seins. Und er, er begann - zunächst zaghaft, später zwanghaft - dem ganzen  fadenscheinigen Treiben im Tal als lautloser Beobachter hinterherzujagen.
Wie ein Besessener spürte er den Zuckerrohrarbeitern und den Hobos in ihren peripheren Behausungen nach. An Fensterscheiben klebend und unter Bodenplanken steckend, belauerte er die streng bekittelten, selbst-züchtigen Frauen und Männer der Gemeinde in ihren Hinterzimmern. Er folgte dem selbsternannten HetzPrediger Abie Poe bei seinem wahnwitzigen Unternehmen, die einfältige Meute herdengleich zur 'Schlacht[er]bank' der Abtrünnigen zu führen. Er war das protokollierende Auge bei dem tagtäglichen blutrünstigen Spektakel seines Vaters, wenn dieser den noch lebenden TierFetzen, die er tagsüber in all seinen absonderlichen Falleisen gefangen hatte [Einmal aufgestellt, schrien die Fallen wie Babys.], beim finalen Gemetzel in der Pseudo-GladiatorenArena zusah:  

Wie ein verrückter Imperator hockte Pa, zwanzig Fuß hoch in der Luft, auf der Kante seines wankenden Throns und starrte in die rostige Arena, um sich an dem Massaker darin zu weiden.

Er war das absolute, allgegenwärtige Gedächtnis von Ukulore Valley, als der verblendete, irregeleitete Mob der Hure Cosey Mo auf ihrem Wohnwagenhügel eine dermaßen brutale Abreibung verpasste, dass sie kurz darauf als toter, geschundener, aufgeblähter Korpus im Graben lag.

... sie alle waren nichts als [...] Marionetten! Folterbank, Zuchtrute und Scheiterhaufen, Richtblock und Schwert, Pranger und Halseisen, Geißeln und Steine und Hexenstuhl, Peitsche und Rad, Tretmühle und Planke, Stiefel und Faust und alles andere, die ganze endlose Liste - all das lauerte im Verborgenen ...

Er war der Chronograph der sinflutartigen Regenjahre - der großen, allseits um sich greifenden Depression, dem apokalyptischen Donnerama des großen Frevels. Vernichtende Apathie in allen Seelen, elende Verderbtheit:

... trübe waren die Tage und pechschwarz die Nächte. Die Stadt brach zusammen. Manches vermoderte. Anderes quoll auf. Einiges blieb stecken, anderes versank. Manches wurde welk, und manches schrumpfte.

Obszön. Niederträchtig. Dreckig. Ungefiltert wand sich das bösartig lärmende Übel durch den Matsch. Dazu kläfften die reudigen Hunde im Tal.
What the F***!
Wie saurer Atem, der unausgegoren in der Kehle feststeckt, erstickte die Gemeinde immer mehr in Hetzerei, fiebriger Demütigung, religiöser Verbissenheit.
Eine klebrige Fratze verzerrt-versoffener Abartigkeit, die zwischen BRECHREIZ und grotesker FASZINATION hin und her torkelt.

Und Euchrid? Der wandelte sich immer mehr zum rasend-konfusen Psychopathen.
Der (selbst)ernannte Voyeur des Herrn, der bisher am Rand gelauert hatte, schwang sich vom Spitzel zum SABOTEUR auf, den finalen göttlichen Auftrag erwartend [ O Gott! Wie lange muß ich noch weitermachen? ].
Er, der KÖNIG von HUNDSKOPF, baute eine Festung aus mannshohen WellblechPlatten um seinen Aussichtsturm. Ein abgerichteter Haufen aus lefzender KöterMasse jaulte sein niederes Untertanendasein [ Meine Hunde konnten einen Hamster in Atome zerlegen! ]. Zeit ent-rückte zunehmend ins Nichts. Fieberte nahendes Grauen. Ahnungsvolles Knistern, orgiastisches Summen der Wahnbilder im Kopf des überspannt-gespenstigen Monarchen.

Hab ich euch von dem höllischen Schrecknis der "Totzeit" erzählt? Habt ihr von den Blutungen gehört? Von den "Schüttelfrösten"? Bloße Bruchstücke dahinrasenden Lebens [...]. Die Zeit durchgedreht. Nacht und Tag, Folgendes und Verfolgtes, schlagen ihre leuchtenden Himmelsbälle von Horizont zu Horizont. Sonnenaufschläge und Mondreturns versengen das Gewölbe der Zeit mit ihrem irrsinnigen Hin und Her, Vor und Zurück, Dunkel und Licht, schwingen sie wie die Uhr eines Hypnotiseurs an der Uhrkette des Himmels - O ja, wie das Gependel einer nackten Glühbirne in einem leeren Zimmer. Eine Stunde! Ein Tag! Weg! Verkrümelt! Unbefleckt und unrettbar entflohen, um nie gelebt zu sein. Wie der Blitz. "Totzeit!" "Totzeit!" [...] Ermordung meines Lebens - meiner Lebenszeit.

Das Pochen des Wahnsinns erhöhte Schlag um Schlag die Frequenz. Der erhofft katharsische End-/Höhepunkt der Mission raste unaufhaltsam Richtung Katastrophe, dabei eine Spur mentalen Terrors nach sich ziehend.

Des Wahnsinns Schwere.

...ich glaubte, mir würde der Schädel platzen, so stark war das Druckgefühl. Ich sah alles durch einen purpurroten Schleier. Neue Adern barsten unter meiner Haut. Mein Hirn tat furchtbar weh. Das Keuchen meines Atems stieg um eine Oktave...

... bis..., ja bis die Welt rot sah und König Euchrid den schweigsamen und höchst finsteren Stubenhockern, den 'komparsischen' Lesern, sein Meisterwerk offenbarte.

... [ich] dreschte mit meiner riesigen Sichel auf die ganze beschissene Welt ein, Köpfe rollen noch und nöcher, Ströme von Blut, Kloaken von Blut, Meere von geköpften und verstümmelten Frevlern. Hack! Hack! Massenausrottung, Massentod, Massenblutvergießen, alles durch meine Hand. Hack! Hack!

Oder doch nicht?
 ...

Ehrfürchtiges Staunen.
Angehaltener Atem als der ekstatische Taumel abrupt vorbei ist.
Der halbe Körper noch im zähflüssig-quengelnden Treibschlamm der letzten Seiten steckend.
Hypnotisierter Puls.
Juckende Augen.
Knisternde Stille.

Und nun?
Was bleibt von diesem erstaunlich 'leisen' Ende übrig?
Ein Hauch von feuchtem Verwesungsgeruch?
Ein zähneknirrschender Schimmer menschlicher Unheimlichkeiten?
Ein vages NachVibrieren der Sinne?

Vielleicht ist es ja einer der letzten ver-queeren Gedanken des sterbenden Euchrid Eucrow, der wie der Arbeitsgesang der Fliegen auch jetzt noch in meinem Hirn verdächtig raschelt und rauscht...?

DER TOD IST DAS PFLASTER AUF DEM SCHMERZ DES LEBENS - das ist meine Botschaft an die Welt. [eig. Hervorhebúng]


 
* * *


Nick Cave. Und die Eselin sah den Engel. 15. Auflage. Piper Verlag, 2011.
[Chapeau! auch an den Übersetzer Werner Schmitz, der ganze Arbeit geleistet hat.]



* * *

Donnerstag, 24. November 2011

"...all I wanna do now is lay down and die".

Manchmal stolpert frau rein zufällig in den größten Mist, den das Universum je hervorgebracht hat. Manchmal aber auch passiert es, dass frau unvermittelt in ein bis dato ungeahntes faszinierendes Kleinod stolpert, dessen leuchtend-vibrierendes Innenleben mit einem Mal so vehement zum Verweilen drängt, dass jeglicher anderer Klimbim geradezu entschwindet.
So geschehen letzten Sonntag, wo ich doch eigentlich meine bisher hart vernachlässigte SpanischLektion endlich angehen wollte.
Aber als ich mich dann auf youtube so von einem Zufallstreffer zum nächsten hangelte, geriet ich doch prompt in den SweetCandyWorld-turned-into-LovelySadness-Strudel der texanischen Sängerin Sarah Jaffe.
Irgendwie reiht sich deren intim-zerbrechlicher GirlNextDoorWannaCrie-Kosmos bruchlos in meinen aktuellen Soundtrack der Toten Jahreszeit ein. Ne Menge rauchig-bluesige Töne, noch mehr konkret-unkonkrete Schwermut, zahllose fragil-elegische Echos, beinharte Zermürbnis, ein wenig KnallKrawall in den Ohren, reichlich HerzschmerzPoesie und ebenso viele Heerscharen von ungebändigter symbolischer Todesmetaphorik. So gebiert sich momentan mein persönlicher MusikNovember. Und so schleicht sich auch das bezaubernde StimmenJuwel Sarah immer mehr in meinen täglichen nebelverhangenen Rhythmus.
Dunkelrotfastschonschwarz zieht sich Pretender durch meinen Hirnkanal, can't stop Swelling.
Wo ist die Stoptaste? Wo der endgültige Knockout?


Sonntag, 13. November 2011

Ach, da war doch noch was.........

[Die "üble" Vorgeschichte:

Während ich die letzten Tage zwischen Sonnenauf- und -untergang in der eiskalten Citrone hing, festgezurrt vom stupiden Promoalltag, alle Sinne weichgespült von hirnrissigen Anweisungen/Kommentaren/Sprachfetzen, und der Arghhhh!-Kreisel unerbittlich auf das Gaspedal drückte ... ja, da erinnerte ich mich. Irgendwas war doch da gewesen? Irgendwas wollt ich doch die ganze Zeit noch erledigen? Nur, zum Teufel, WAS war das gleich noch mal gewesen?????
[...]
Tag 2: Das Gehirn kramte ein wenig schuldbewusst morgens in den bereits erwachten Ecken, konnte jedoch nur tröge Verkostungs-Sichtkontakt-Verkaufs-Zahlen finden, und ich seuftzte entnervt. Wo waren nur meine ganzen Post-it's hin? Auf einen der unendlichen Klebezettlchn musste sich doch ein klitzekleiner Anhaltspunkt für meine manipulierten Denkzellen finden?!!!
[...]
Tag 4. Und ich schlitterte von einer DrückerAktion in die nächste. Derweil sich mein Apparat im Kopf bereits seit gestern von der Kopfschmerz verursachenden SupermarktBeschallungsanlage hatte einlullen lassen. Wohin sollte das alles nur führen?!!!!
[...]
Der 6. Tag brachte dann - Gottseisgedankt! - die frühere Arbeitskapazität meiner Hirnwindungen zurück.
Und deshalb gibt es hier nun auch den Bericht zum Gotye-Konzert von letzter Woche:-)
                                                                                                                                                         ]

BERLIN. Mal wieder konnte sich frau auf die Hauptstadt verlassen, wenns um bisher hierzulande noch relativ verborgene musikalische Entdeckungen geht. Noch dazu, wenn der Sound aus der australischen Ecke des "Business" kommt, die ja doch eher von der Welt unbeachtet vor sich hin produziert. Dabei aber eine beträchtliche Anzahl einzigartiger Künstler hervorbringt, die es entweder nur zeitverzögert oder gar nicht in die 'Alte Welt' schaffen. Was schade wäre, gäbe es da nicht eine wirklich großartige Fundgrube, die wohl als die "Inkarnation" des australischen Sounds gelten kann: Triple J - meine tägliche Jukebox. Wer's dann noch ein wenig ungeschliffener-progressiver haben möchte, der entert die BrandNeu-Abteilung TripleJ Unearthed mit absoluter Aussie-"Frischware".

Zurück aber zum letzten Wochenende. Zurück zum belgisch-australischen MultiTüftler Wouter DeBacker, musiktechnisch seit einigen Jahren als Gotye bekannt.
Im Herzen der Berliner Kulturfabrik nistet der FrannzClub sein etwas "alternatives" Dasein. Doch auch hier gilt, wie wohl leider heutzutage in jeder anderen VeranstaltungsLocation auch, absolutes Fotografierverbot. Was ich nicht wirklich nachvollziehen kann, angesichts einer immer medialisierteren Welt, die sich doch sekündlich in einer wahren Flut von (bewegten) Bildern manifestiert.
In so einem "medialen Loch" festhängend, gebiert die Fast-Unmöglichkeit jeglichen visuellen Festhaltens jedoch ungeahnte Konzentration auf das Wesentliche.

Ja, was soll ich resümieren? Kein so intensives WOW!, wie noch bei C&C. Aber dennoch verblüffend, wie überzeugend [ argh. Scheißwort. Help me!] Gotye seine ausgetüftelten, bis ins Detail vertieften Sounds live auf der Bühne präsentiert. Weniger episch/flächendeckend in hymnische Dimensionen gehend, eher verqueere, live noch nie SO vor dem Auge zelebrierte Klangcollagen, die einen Teppich aus elektronischen, "handwerklich" meisterhaft inszenierten Popklängen weben. Ich sag nur: Das mystisch-extravagante Miii...-irgendwas [hach, nach tagelanger Suche fand ich den Namen zu dem "Ding" endlich. Korrekt heissts: Mbira], vom Einstein persönlich zum leben/vibrieren gebracht, haha. Und dann - frau könnte meinen "Zylophon" - , was aber [auch] alles andere konnte als nur "Glockenspiel":-))) [Auch hier hat die Recherche ein mir bisher unbekanntes Töne spuckendes "Chromaharp" gefunden...]
Man sieht, der Einblick in eine mir unbekannte Welt von Klangwerkzeugen war bereits an sich beeindruckend.
Und wäre das nicht schon allein staunenswürdig, geht doch nach dem Auftakt auf einmal die AUSTRALISCHE SONNE vor meinen Eyes auf ...

  ...like this...

... und Ned Kelly grinst mich dabei vom Unterarm des oberkoolen Drummers schief-schaurig aus dem Hinterhalt an!!!
Hearts a mess, auf Platte so unwiderstehlich, schrumpft on stage -leider- auf enttäuschende Minimalgröße zusammen. Dagegen überzeugen groovige Dubstep-Nummern wie State of the Art und Don't worry.
Aber der Über-Burner schlechthin - weil mich total gefressen: "I'm addicted to a certain kind of sadness" - : Bronte.
Now your bowl is empty
And your feet are cold
And your body cannot stop rocking
I know
It hurts to let go

Since the day we found you
You have been our friend
And your voice still
Echoes in the hallway of this house
But now
It’s the end

We will be with you
When you’re leaving
We will be with you
When you go
We will be with you
And hold you till you’re quiet
It hurts to let you go


Und während die Worte mein Herz fast stehen lassen, flimmert im Hintergrund das Video vom kleinen Indianer-Waldmädchen auf mich herab, und die "BüffelBisons" [?] schauen traurig hinterher....

 

Doch irgendwie schien Mr. Gotye der ewige Tratsch-Lärm, der ständig von der Bar herüberwehte, mächtig auf den Senkel zu gehen, jedenfalls wurde das Encore gleich ohne normale Pause hintendran gequetscht. Das apatisch anmutende, sich anscheinend im DauerDämmerzustand befindende Publikum hats auch nicht anders "verdient"! Auch wenn zum Finale dann ein wenig SingAlong-Stimmung aufkam, und die Band sich noch einmal zu einer kleinen DrumSession hinreissen liess. Doch dann ein letzter Beat. Licht aus. Gehetztes Gehusche von der Bühne. C'était tout.

Setlist Gotye - Frannz Club - Berlin - 5/11/2011.

Donnerstag, 3. November 2011

FallNetz.



Wer achtet auf mich jetzt
Dass ich mich nicht verlauf
Und wenn ich jetzt falle
Wer fängt mich dann auf

In all diesen Straßen
Kenn ich mich nicht mehr aus
Da ist niemand mehr der wartet
Der auf mich wartet
Zuhaus.
...
Jetzt steh ich am Ufer
Die Flut unter mir
Das Wasser zum Hals
Warum bist du nicht hier.... 


[ Philipp Poisel: Immer mal. Wieder. Und warum nicht gerade jetzt!
À la "Wo ich bin, ist immer Herbst!".
Erst recht, wenn vermehrt in die Klaviatur des Unsagbaren gedroschen wird:
Eiserner Steg - lasst den Schweighöfer einfach mal beiseite.]

Dienstag, 1. November 2011

El Dia de los Muertos. Oder AllYearRound Halloween.

Wie ein vergnüglich-bizarres Gospel-Musical, in dem perfid neonfarbene Skelette und rotting corpses sich ein schaurig-schönes Stelldichein im Angesicht des Sensenmannes geben.
Ein "Monster Mash" [rollingstone.com] von sing-along Ghost Stories, Kinderchor und HalloweenBühnenbild.

"it's like gothic Elvis Presley from beyond the grave, accompanied by tiny tiny zombies"!!!!. Haha.

Und dabei reden wir hier von Ryan Gosling, dem oberkoolen, stoischen Driver aus der NeoNoir-Retrolook-Unterweltparabel Drive ("You look like a zombie kid") und dem Schlag-in-die-Magengrube-Streifen Blue Valentine, der so unerträglich sprachlos, desillusionierend vom ENDE zweier Nicht-Mehr-Liebenden erzählt ("I cannot take this shit anymore.").
Und dieser Gosling gebiert nun liebenswürdige kleine Graveyard-Hymnen, die mein kindisch entzücktes Herz nach immerwährender, ganzjähriger SesamStrassenMonsterShow schreien lassen. Heheh.
Nun gut, hier sind sie: Bühne auf für Dead Man's Bones .....
Lasst die Toten tanzen.

Donnerstag, 27. Oktober 2011

Fundstücke - Under the sign of Melancholia.

Sprachlosigkeit. Immer noch.
Wie ein zerzaustes Strassenkind verharre ich in emotionaler Starre.
Ein herbstlich taumelndes Blatt, dass sich der allgemeinen Schwermütigkeit des kälter werdenden Deutschlands hingibt, ohne nachzufragen.
Zähes Leiden am Zustand der Leere. Absurdes Ringen mit nervösem Zweifel.
Schwankend zwischen Hier&Jetzt und dem Danach.
Kopfloses Aneinanderreihen von Zeichen und Symbolen.
Demütige Hinnahme von Enttäuschung und Preisgabe.
Wütendes Aufbegehren. Halbherzig durchgeführt.
Meine restlichen Synapsen gieren danach, das Leben zu spüren. Und doch stöhnt das erlegte Tier am Boden vor Überdruss.
Ich warte. Dass irgendetwas passiert.
Und doch gebiert der ewige Reigen nur Unlust und Widerwille.
Deutschland im Herbst ist fahles Gezimmer von Befindlichkeiten. Gleichwohl taugt dieser abgewetzte Jammer mehr als jede sommerleichte Idylle.
Für mich gibt es keinen Sommer hier. Das Licht lodert irgendwo anders, nur hier nicht.
Vielleicht seufzt deshalb meine Seele nun erleichtert auf. Virtuos flackert Neo-Noir im Herzen.
Hypnotisch knisternder ExistenzSchrei, der in trüber Retrospektive ertrinkt, entzückt die alten Wunden.
Da erregt selbst der potentielle Deckungsverlust bei Beschuss keine Beklemmungen mehr.


 
We are ready for the siege,
and we are armed up to the teeth.
Be careful how you live and breathe.

Do you feel safe again? Look over your shoulder.
Very carefully, look over your shoulder.

Be careful how you lick your wounds.



Und während ich mich immer mehr lamento-artig in Nonsens-Geschwätz mit garstigen Agenturtanten verheddere, strömen hinreißend kleine Schnipsel aus der Ödnis an meine Brandung. Wie Reste einer überschüssigen Black Box senden sie mir verschollene Grüße einer einstigen und doch so gegenwärtigen Begehrlichkeit.

Wer immer schon einmal wissen wollte, wie intensiv-berstend 'The Voice' live eigentlich ist, der hat hier die Möglichkeit.... City and Colour - Comin' Home (live@Astra/Berlin)
Und selbst wenn diese 'göttliche' Stimme mal nicht ihre eigenen sterblich-zerbrechlichen Worte singt, verwandelt sie doch jedes noch so schnöd Schon-da-Gewesene in eine sich einbrennende Hymne der Unglaublichkeit!!! ..... Neverending White Lights - The Grace (ft. Dallas Green)  ...

I'm mapping out my ending,
it's never gonna happen now
These things are condescending
with everybody backing down
...
I'm so used to being wrong
so put me where I belong.

Und selbst zu Zeiten seiner Post-Hardcore-Anwandlung lehrte Dallas Green jeder Screamo-Attacke das Staunen. Geschretterte, religiös-heidnisch überladene Symbolik, die durch seine Stimme in Ehrfurcht verkehrt wird: Alexisonfire - The Northern .... hallelujah!

Damit ich diesen Typen nicht noch zu meinem 'Erlöser' stilisiere, hier noch zwei weitere Fundstücke, die mich jedoch genauso an ein vergangenes Sein erinnern: Nummer eins erinnerte mich beim ersten Hören sofort an die guten alten Deathrock-Batcave-Tage der 80er; diese düstren Zeiten des Aufruhrs und Radaus, in denen sich Diletanten in benietete 'Karnevalskostüme' schmissen und den Bass hochschraubten. Zola Jesus (wer diese Personifizierung menschlichen Leids bereits in seinem Namen trägt, dem gnade Gott:-)) könnte die Siouxsie Sioux des 21. Jahrhunderts sein, wenn sie nicht aus dem tiefsten Wald von Wisconsin stammen würde, wo sie mit Nietzsche, Schopenhauer ("He's basically like: Kill yourself, it's not worth it." - Pitchfork-Interview ), Opern und einem Jäger als Vater aufgewachsen ist. Diese Eindringlichkeit in ihrer Stimme: WOW! Schwirrende Fetzen elektronischer Beats. Kalte Prägnanz in jedem Ton, die wie eine Lawine das Blut in den Adern gefrieren lässt. Kleine Kostprobe dieses entrückten Aliens unserer Zeit, das ich selbst nach dem zigsten Hören nicht wirklich verstehe (akustisch gesehen; nichtauffindbare Lyrics vermehren die Mystik): Vessel , oder doch Seekir  ?? LOVE!!

Well, Nummer zwei ist dann doch eher was aus der gefälligeren Ecke. Die neuen Tool / A Perfect Circle werden sie wohl nicht werden, aber ... fragt mich nicht ... irgendwas catched mich an dieser Band. Ob das nun diese leicht frauengleiche Stimme (eines  Mannes, wohlgemerkt!:-) ist, oder doch die eingängigen Gitarren-Moods??? ... Don't know. Let's check: Silversun Pickups - Rusted Wheel .

I've been waiting for this silence all night long
---
Lost and loaded
still the same 'ol decent lazy eye
  [ Lazy Eye ]

 
Und nun? Was birgt nun das Finale dieses so freudlos begonnenen Pamphlets?
Das Ende der Welt? Gekonnt subtiler Untergang der Erde, wie ihn etwa Lars von Trier gerade erst in seiner Apokalypse bis aufs Äußerste zelebriert hat? Gnadenlos poetisch, selbst jusqu' au fin de l' humanité?
Nun gut, Melancholia suhlt sich bereits zu Beginn unerbittlich in ungefilterter Auslöschung jeglichen Lebens:
Ein apathisch-düster-gerändertes Gesicht.
Wie Herbstlaub fallende Vögel, die zu Boden rieseln.
Die Erde, ein finsterer Planet im Universum.
Zeitlupen-verzerrte Zeit, die die Ouvertüre zu Wagners Tristan & Isolde in stilisierte Schönheit verwandelt.
Ein niederstürzendes Pferd.
Sonnenfinsternis-Ästhetik.
Hände gen Himmel. Bildgewaltig funkensprühend.
Verschmelzende Gestirne.
Ophelia.
Der Knall.

So episch war noch nie ein Untergang.
Und doch, angesichts der von tiefster Depression gezeichneten Justine, deren Krankheit nicht weniger als verstörende Ohnmacht hinterlässt, fühle ich mich lebendiger als je zuvor.
Und wenn dann 'The magic Cave' im Zeichen des herannahenden Crashs - dunkles Grummeln kündet vom Aufprall von Melancholia - voller Poesie im Augenblick der monumentalen Vernichtung ein letztes Zufluchtsgefühl verleiht, entrinnt mir ein abruptes Gefühl wütend-hungriger Rebellion.
Ich mag ein emotionaler Vagabund sein, den das Dasein zu oft zwischen ungeduldigem Ausrasten und schmerzhaftem Existenzialismus wüten lässt.
Aber "The earth is evil." [Justine/Melancholia] bedeutet noch lange nicht überspannte Resignation vor den vorschriftsmäßigen Unwegsamkeiten des Lebens.

Under the sign of Melancholia.

Montag, 10. Oktober 2011

Grenzstein des Lebens.

 
There's a funeral procession on the highway
traffic screeches to a halt
there's people searching for a better way
to live their lives, oh

Johnny lived a good life, you'll hear them say
as tears of sadness soak the ground
the reaper crept in, took his breath away
in the middle of the night, oh
 
 
 
We celebrate the lives of the dead
it's like a man's best party
only happens when he dies
we gather round to pay our respects
while their souls are still searching for the light
searching for the light
 
So please don't come to me on my dying day
just let me go in peace
with all the things that i forgot to say
racing through my mind, oh
 
And don't you bury me six feet under ground
just burn my body in a box
and let my ashes blow with the wind
out into the night sky
 
 

Donnerstag, 6. Oktober 2011

'THE VOICE'.

The Light.
Plötzlich steht er da.
Augenscheinlich unauffällig betritt er die Bühne.
Gedrungene Statur. Erstaunlich klein.
Karohemd und schwarzer Blazer.
Mit seiner Akkustikgitarre und dem keck zur Seite gebundenen Halstuch könnte er glatt einem Cowboyroadmovie entsprungen sein.
Doch sein schüchterner Blick verrät bereits: Hier ist keine HarteKerl-Toughness im Spiel.
Hier knallt keine Faust in die Magengrube. Hier wird nicht trunken gepöpelt und gelärmt.
Nein, hier schwebt schwermütig-rauchiger Soul-Blues durch die Luft.
Hier atmet kraftvoller FolkRock schmutziges Leid.
Hier schleppt sich die Seele von Zusammenbrüchen über tiefe Krater, NightTerrors, MissingPieces hin zu schreiender Verzweiflung.
Kein perfid-schöner Abgesang auf Love Peace and Harmony.
Nein, hier wird gelitten, gestorben, selbstmalträtiert, schwarzgemalt.
Doch wer jetzt glaubt, dieses Kaleidoskop des Schmerzes würde zum sofortigen Selbstmord jedes Zuhörers führen, der hat noch nie 'The Voice' gehört!!
Gnadenlos raumfüllend.
So zerbrechlich klar.
Angefüllt mit tiefstem Seelenschmerz.
Und doch so bestimmend in ihrer hymnischen Melancholie.

Der Mann nennt sich Dallas Green - ein zivilisierter Steppenwolff des 21. Jahrhunderts.
There's a degree of difficulty in dealing with me. [Little Hell]
Sein Universum - City and Colour.
Und ich war gestern Zeuge.
Zeuge magischer Energie, wenn dieser Mann anfängt, die ersten Akkorde auf seiner Gitarre zu spielen, und dabei diese unglaubliche Stimme jeden Atmer einfriert für EwigSekunden.

And I'm afraid
To sleep because of what haunts me
Such as living with the uncertainty
That I'll never find the words to say
Which would completely explain
Just how I'm breaking down

Dabei geraten gerade die Songs zu UnterDieHautKriechern, die allein von ihm in zurückgenommener Akkustikversion vorgetragen werden. Da werden Day Old Hate und Coming Home zu stimmgewaltigem Gefühlstheater, das kleine Schauer den Rücken runterjagen lässt. Ein Echo des Verlassenwerdens, ein einsames Licht in dunkler Schwere.
Aber wenn dann erstmal seine Band zu den Verstärkern greift, ja dann werden die Uptempo-Stücke ausgepackt, und die schleppend-bluesige Version von Fragile Bird haut mich einfach nur um.
(Auch wenn der Sound ziemlich übersteuert und teilweise sehr scheppernd war, was aber an den TechnikHeinis lag - ein altbekanntes Problem, wie ich schon im Vorfeld lesen konnte:-(

1,5 Stunden purer SoulRock.
Go Home! Rrrrr...
Und kein einzigstes Bild geschossen, dank der netten Security! Deshalb gibt es den hier ...


Haha.
Egal. Erstaunlicherweise fand ichs im Nachhinein nicht mal annähernd dramatisch, hier so ganz ohne Pix aufzukreuzen.
Aber es bleibt dennoch die erstmalige 'Blamage' an mir hängen, dass ich mir mein Arbeitswerkzeug habe abnehmen lassen!!:-)....

Diese Kindergartenwelt verblasst augenblicklich, wenn ich mich wieder und wieder in Greens Texte vergrabe.
Und dabei immerfort diese WahnsinnsStimme im Ohr habe.....

Well I can hear my train comin'
Looks like time is not on my side
Well I can hear my train comin'
I'm still runnin' for my life
What makes a man pray, when he's about to die?

City and Colour - Astra - Berlin - 05. Oktober 2011

Donnerstag, 18. August 2011

Meine Woche mit dem Schnuffel.

Zurück in der Zivilisation.
Nach fünf Wochen DauerGezänke und MegaNerv hing meine Laune am sprichwörtlich seidenen Faden, und mein Kopf stülpte sich, vom geistlosen HerdentierDasein völligst verqueert, um die eigene Achse.

Kaum den Boden wieder unter den eigenen Füssen, stürzte ich mich gleich ins näxte "ErziehungsAbenteuer"...Ein paar Tage HundeSitting, das heisst, das Zepter ab jetzt wieder in der eigenen Hand...?!..Hopefully....



Das Schnuffel-"Ungetüm" wartete schon ungeduldig herausfordernd.
Mit EvilHundeblick, Rumgeschlecke, HöchstAufmerksamkeitsforderungen und Komm-Spiel-Mit-Mir!!-Attacken:-)))


Kaum Zeit für irgendeine mentale Vorbereitung, musste ich ab der ersten Sekunde professionelle Pseudo-Tauglichkeit vortäuschen, immer bereit und gewappnet für jegliche mögliche Hunde-Regung.Der Kosmos eines Vierbeiners begann sich mir nur langsam zu offenbaren.Noch heute, an Tag vier, rätsel ich so manches Mal, was im Schnuffelgehirn gerade vonstatten geht.
Nun gut.Ahnungslos schmiss ich mich in den Strudel der Geschehnisse.No risk no fun.
Was den letzten Wochen an simpler Spielfreude, hochgradiger Ausgelassenheit und Umtriebigkeit fehlte, holte ich innerhalb weniger Stunden im Hundeuniversum nach.Nun bin ich schon bei zahlreichen MännerErstBeschnüffel-Anfangsliebeleien der Unmittelbar-InErsterReihe-Zeuge gewesen, absolviere tagein tagaus in routiniertem Ablaufplan meine (und ihre) Walking-Einheiten, habe bereits einmal unfreiwillig Bodenkontakt hinter mir und musste mich wohl oder übel in die ungeliebte Rolle der bösenbösen Nein!!-Tante reinarbeiten (Konsequenz trotz schnuffeligstem Blick will erstmal gelernt sein!!!).

Wir haben auf unsren Unendlichwegen gemeinsam jedes Gebüsch beschnuffelt, MiniHäschen querfeldein gejagt, tausend PseudoLöcher gebuddelt und beprustet, uns einfältige Sprüche von den Ach-so-toleranten-Tier"freund"-Nachbarn gefallen lassen.Haben der Beerensammlerin bei ihrer ("JammerJammer"-) MühsamstArbeit zugeschaut, 60m-Sprints in Weltrekordzeit trainiert und beide die StöckchenArmut Deutschlands beklagt.Haben gemeinsam die schmerzvolle Lektion gelernt:Traue keinem strombesprengten Mäh!-Zaun.Und ich musste erkennen:Wenn ein Hundekraftpaket "out of order" geht,kann ich als PseudoSitterin nich allzuviel gegensteuern!!!Schnuffels I'm-going-crazie-Katalysator sind Wasserfontänen jeglicher Art,
und davon hatten wir (bzw. leider ich) einen ganzen Spielplatz voll.Und so drehten wir uns im wilden Kreisel,ich hetzte sandbesudelt von einer Fontäne zur nächsten,dem Schnuffel zeitverzögert immer hinterher.Der Zepterhalter war in diesem Moment wohl nicht ich!!:-))


Aber wenn wir beide uns dann irgendwann wieder nach Hause geschleppt hatten, mit dem letzten Fünkchen Energie,dann,ja dann sah es wohl eher aus,als könnte sie mir nicht ganz das KonditionsWasser reichen,hehe....!


Die SchnuffelTage gehen weiter.Es scheint, ich kann mich dem Diktat des Hundeblicks nicht entziehen.Und so werde ich wohl auch morgen wieder ganz aufgeregt auf Streifzug gehen.Die achso schnuffelige Welt wartet schon auf uns.
Wenn das Schnuffeltier mich mitnimmt....:-))))