Werde verrückt, so oft du willst, aber werde nicht ohnmächtig dabei.
Donnerstag, 31. Dezember 2015
Meldung vom Wüstenfrosch.
Donnerstag, 24. Dezember 2015
Es ist an der Zeit, Danke zu sagen!
Viel ist passiert in den letzten Wochen hier in "Crazie-India-Land". Vieles, womit ich nicht gerechnet habe. Vieles, das einfach ungefragt auf mich einprasselte und in seinem Lauf nicht zu stoppen war.
Und doch hat sich der G.Fish in seiner typischen StehAufMaennchen-Manier aus seinem Loch wieder aufgerappelt. Springt nun erneut schadenfroh und manchmal auch bissig durch den indischen StrassenZirkus, laesst sich locken, vollquasseln, anmachen und anlachen von allen Seiten, dabei immer ein bisschen Schelm. Der G.Fish wieder in Hochform!
Und doch muss ich an dieser Stelle all jenen von Zuhause ein ganz fettes DANKE!!! sagen, die mir mit ihren einfuehlenden Worten zu verstehen gaben, dass ich eben nicht "allein und unsichtbar" bin.
Danke Mama! Dass du immer, wirklich immer fuer mich da bist. Es hat mich ein wenig erschrocken gemacht, wie sehr du so manches Mal mit mir mitleidest! - Ich gelobe Besserung!:-)
Danke Bruderherz! Fuer deine ueberraschend offene und tiefgruendige Mail. Du erstaunst mich!:-))
Danke an all die WeihnachtsbaumBilder-Zuschicker! Ich komme selbst hier in Indien nicht um Weihnachten herum, hehe!
Ich wuensche euch allen ZuhauseGebliebenen einen ruhevollen, kraftgebenden Heiligabend. Macht euch keinen allzu grossen Stress - ist bald wieder vorbei, der ChristmasWahn!
Ich werde mich heute sprichwoertlich in die Wueste begeben. Ohne Kamel. Dafuer mit Sternennacht und Lagerfeuer. Das Motorrad lass ich aber stehen, versprochen!:-)
Mittwoch, 16. Dezember 2015
What's Wrong With Me?
[ Pushkar - der Nicht-Ort auf meiner persönlichen Indienlandkarte. Der Graben, die mentale "Baustelle", die sich mir auftat. Unerwartet. Ungebremst. Hatte das Gefühl, IRGENDWO zu sein. Nur eben nicht in Indien. Ein fiktiver Fleck. Ein Loch in der Zeit. Konturlose Reflexionsfläche. Nicht-Gegenwärtigkeit. Nicht-Reden. Nicht-Sein. - WO BIN ICH? ]
LOST IN INDIA
Ich hänge. Komplett. Treibe durch eine Anderswelt. Wartend.
Mental schläfrig. Bewege mich wie ein Zombie durch diesen befremdlichen Menschenkosmos.
Mehr ImKreisDrehen als "Vorwärts!".
Der totale Gegensatz zu "Shanti! Shanti!"-"Chai-Chillum-Chapati".
Aktionslos. Energielos.
Vollkommen ausgelaugt. Lasch. Monoton.
Fühle mich außerhalb von allem. "Vergessen" von der Welt.
Ich bin nur der Zuschauer. Auch von mir selbst.
Passives Mit-Mir-Machenlassen. Nicht-Anwesenheit.
Und dennoch: So eine pochende, kratzige Anspannung unbewußt in mir. Etwas rumort. Fragt. Sucht. - Aber nach was?
Seit der merkwürdigen Begegnung in Jaipur mit dem "Steinheiler", der aus unerfindlichen Gründen mich wie ein offenes Buch zu lesen wußte, der mir knallhart meinen inneren, zerfetzten Seelenzustand wieder in Erinnerung rief (WOHER weiß er das alles?), kam ich mir wie ein angeschossenes Reh im Endstadium vor.
Meine Verlorenheit, meine tiefsitzende Traurigkeit, dieses Hadern mit dem Leben an sich, die schlummern wie ein hartnäckiger Parasit in mir. Sie lassen sich nicht abschütteln. Halten mich umklammert. Und wenn sie zum Leben erwachen, schnüren sie mir die Kehle zu. - Seit Jahren schleppe ich diesen "Ballast" nun mit mir herum. Verschiebe auf morgen, wann immer es geht. Und doch ändert es nichts am eigentlichen Kern der Sache.
Es klingt so leicht dahergesagt, aber: Warum das Licht wählen, wenn du dich im Dunkeln doch so "heimisch" fühlst? Warum Menschen an dich heranlassen, wenn du doch mit deinem eigenen Schatten bereits überfordert bist? Warum das Risiko des Verletztwerdens eingehen, wenn dein Verstand dir doch sagt "Es bringt nichts!"? - Genau darum aber dreht sich die nicht enden wollende Misere meines zugigen SeelenKühlschranks. Wie in einem Karussell ohne Stoptaste rotiert und windet sich meine verschlissene Herzleiche in ihrem eigenen Saft. Sucht verzweifelt nach dem Zündstoff zur Wiederbelebung. Wühlt in ihren verstaubten Kammern und windigen Verliesen, beständig auf der Jagd nach dem Feuer, dem Rausch des Lebens. Beides ist mir seltsamerweise abhanden gekommen.
Die Zeit ist überreif. - Allein das Nicht-Am-Leben-Teilhaben-Wollen, das Fremdsein-In-Der-Welt kostet mich bereits zuviel Kraft. Es zehrt unablässig an meinen Reserven, blockiert sämtliche Notausgänge aus dem selbstgezimmerten Kerker. Ein Waffenstillstand mit mir selbst? Vollkommen utopisch!
Meiner desolaten Verwirrung und Ratlosigkeit komplett erlegen, flüchte ich im "Krisen-Pushkar" zum nächstbesten "Therapeuten" - ein irrationales Festklammern an eine fixe Idee, ein abseitiger "Rettungsversuch" im Affekt. Ginesh, der Brahman-Priester, hält mit mir gemeinsam eine Morgen-Puja am Heiligen See ab. Auch hier bin ich wieder mehr Beobachter meiner selbst, als dass ich anwesend wäre. Wie in Trance befolge ich seine Anweisungen, wiederhole zögerlich die von ihm gesprochenen Sanskritworte, opfere ein wenig "stümperhaft" (Grazil sieht anders aus!) nacheinander dem See/den Göttern meine Gaben (von Milch, curd und Süßigkeiten bis hin zu Rosenblättern und Farbpulver). Zum Abschluß schimmert auf meiner Stirn der rote TikaPunkt, um mein Handgelenk windet sich das berüchtigte Pushkar-Armband. Die eigentliche "Therapiesitzung" beginnt erst bei unserem Rundgang am Wasser entlang. Neugierig möchte er wissen, welches Problem ich denn beim Ritual gedanklich geäußert habe. Ich beginne zu reden. Vieles scheint plötzlich einleuchtender, klarer umrissen. Ich sehe einen möglichen Weg - nicht unbedingt bzw. ausschließlich den der Meditation, den er mir, "Welch Überraschung!", empfiehlt.
Aber: Die "Lösung" ist in mir! Und zwar nur in mir! Nicht die Welt oder das Leben ist das Problem! Ich bin es!
Und: Vergleiche ich mein armseliges Seelenleiden mit dem wirklichen, dem perversen Elend, das sich hier in Indien jeden Tag direkt vor meiner Nase ausbreitet, dann relativiert sich nicht nur augenblicklich mein Selbst-Martyrium, sondern ich stelle auch fest: Im Grunde sind wir Menschenwesen alle auf irgendeine Art und Weise "geschädigt"! Irgendwas stimmt doch mit uns allen nicht! - Die Frage ist dann wohl eher: Wollen wir uns diesem "Schaden" bis zum Lebensende ohnmächtig ausliefern? Uns phlegmatisch dem destruktiven Stillstand hingeben?
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| Müde. So unglaublich schlapp wie er... |
LOST IN INDIA
Ich hänge. Komplett. Treibe durch eine Anderswelt. Wartend.
Mental schläfrig. Bewege mich wie ein Zombie durch diesen befremdlichen Menschenkosmos.
Mehr ImKreisDrehen als "Vorwärts!".
Der totale Gegensatz zu "Shanti! Shanti!"-"Chai-Chillum-Chapati".
Aktionslos. Energielos.
Vollkommen ausgelaugt. Lasch. Monoton.
Fühle mich außerhalb von allem. "Vergessen" von der Welt.
Ich bin nur der Zuschauer. Auch von mir selbst.
Passives Mit-Mir-Machenlassen. Nicht-Anwesenheit.
Und dennoch: So eine pochende, kratzige Anspannung unbewußt in mir. Etwas rumort. Fragt. Sucht. - Aber nach was?
Seit der merkwürdigen Begegnung in Jaipur mit dem "Steinheiler", der aus unerfindlichen Gründen mich wie ein offenes Buch zu lesen wußte, der mir knallhart meinen inneren, zerfetzten Seelenzustand wieder in Erinnerung rief (WOHER weiß er das alles?), kam ich mir wie ein angeschossenes Reh im Endstadium vor.
Meine Verlorenheit, meine tiefsitzende Traurigkeit, dieses Hadern mit dem Leben an sich, die schlummern wie ein hartnäckiger Parasit in mir. Sie lassen sich nicht abschütteln. Halten mich umklammert. Und wenn sie zum Leben erwachen, schnüren sie mir die Kehle zu. - Seit Jahren schleppe ich diesen "Ballast" nun mit mir herum. Verschiebe auf morgen, wann immer es geht. Und doch ändert es nichts am eigentlichen Kern der Sache.
Es klingt so leicht dahergesagt, aber: Warum das Licht wählen, wenn du dich im Dunkeln doch so "heimisch" fühlst? Warum Menschen an dich heranlassen, wenn du doch mit deinem eigenen Schatten bereits überfordert bist? Warum das Risiko des Verletztwerdens eingehen, wenn dein Verstand dir doch sagt "Es bringt nichts!"? - Genau darum aber dreht sich die nicht enden wollende Misere meines zugigen SeelenKühlschranks. Wie in einem Karussell ohne Stoptaste rotiert und windet sich meine verschlissene Herzleiche in ihrem eigenen Saft. Sucht verzweifelt nach dem Zündstoff zur Wiederbelebung. Wühlt in ihren verstaubten Kammern und windigen Verliesen, beständig auf der Jagd nach dem Feuer, dem Rausch des Lebens. Beides ist mir seltsamerweise abhanden gekommen.
"All you have is your fire." [Hozier]
Die Zeit ist überreif. - Allein das Nicht-Am-Leben-Teilhaben-Wollen, das Fremdsein-In-Der-Welt kostet mich bereits zuviel Kraft. Es zehrt unablässig an meinen Reserven, blockiert sämtliche Notausgänge aus dem selbstgezimmerten Kerker. Ein Waffenstillstand mit mir selbst? Vollkommen utopisch!
Meiner desolaten Verwirrung und Ratlosigkeit komplett erlegen, flüchte ich im "Krisen-Pushkar" zum nächstbesten "Therapeuten" - ein irrationales Festklammern an eine fixe Idee, ein abseitiger "Rettungsversuch" im Affekt. Ginesh, der Brahman-Priester, hält mit mir gemeinsam eine Morgen-Puja am Heiligen See ab. Auch hier bin ich wieder mehr Beobachter meiner selbst, als dass ich anwesend wäre. Wie in Trance befolge ich seine Anweisungen, wiederhole zögerlich die von ihm gesprochenen Sanskritworte, opfere ein wenig "stümperhaft" (Grazil sieht anders aus!) nacheinander dem See/den Göttern meine Gaben (von Milch, curd und Süßigkeiten bis hin zu Rosenblättern und Farbpulver). Zum Abschluß schimmert auf meiner Stirn der rote TikaPunkt, um mein Handgelenk windet sich das berüchtigte Pushkar-Armband. Die eigentliche "Therapiesitzung" beginnt erst bei unserem Rundgang am Wasser entlang. Neugierig möchte er wissen, welches Problem ich denn beim Ritual gedanklich geäußert habe. Ich beginne zu reden. Vieles scheint plötzlich einleuchtender, klarer umrissen. Ich sehe einen möglichen Weg - nicht unbedingt bzw. ausschließlich den der Meditation, den er mir, "Welch Überraschung!", empfiehlt.
Aber: Die "Lösung" ist in mir! Und zwar nur in mir! Nicht die Welt oder das Leben ist das Problem! Ich bin es!
Und: Vergleiche ich mein armseliges Seelenleiden mit dem wirklichen, dem perversen Elend, das sich hier in Indien jeden Tag direkt vor meiner Nase ausbreitet, dann relativiert sich nicht nur augenblicklich mein Selbst-Martyrium, sondern ich stelle auch fest: Im Grunde sind wir Menschenwesen alle auf irgendeine Art und Weise "geschädigt"! Irgendwas stimmt doch mit uns allen nicht! - Die Frage ist dann wohl eher: Wollen wir uns diesem "Schaden" bis zum Lebensende ohnmächtig ausliefern? Uns phlegmatisch dem destruktiven Stillstand hingeben?
"Don't you ever tame your demons - always keep them on a leash." [Hozier]
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| Wo ist die Kali in mir geblieben? |
Mittwoch, 9. Dezember 2015
"Can Nothingness Increase?"
Labels:
Holy Namaste,
Soundtrack des Lebens,
Weltempfänger
Dienstag, 1. Dezember 2015
Kashi - City of Light, Life and Death.
"To linger in Banares is to linger in another era, an era which one cannot quite date by century."
- Diana L. Eck -
"The very stones of Kashi are Shiva." [Eck] - Shiva, so sagt es eine Legende, wählte einst die Stadt des Lichts/der Erleuchtung als seinen irdischen Wohnsitz. Seitdem ist die Stadt mit einer unerschöpflichen Anzahl von Lingas (phallisches Symbol der formlosen, kreativen Energie) zugepflastert. Eindringlicher als in Kashi wird wohl kaum dem "Zerstörer" und "Beschützer", dem Gott von Leben und Tod gehuldigt. Der nicht nur das "Letzte Opfer", den Toten in Empfang nimmt, sondern den alten Schriften zufolge auch den reißenden Strom Ganges mittels seiner Haare zum sanften Fluß bändigte und ihn so zur Essenz seiner göttlichen Kraft machte. Ganga - in den Köpfen der Inder noch immer der "Nektar der Reinheit", doch in Wahrheit wohl eher zu Tode verehrt. Unbeeindruckt von all dem "Zirkus", der sich jeden Tag an seinen Ufern abspielt, windet er sich wie ein "pudriger" Seidenschal entlang der Stadt, schweigt hilflos zum ausufernden Mülldesaster. Darüber spannt sich ein gelangweiltes, stagnierendes Himmelszelt, zugekleistert mit einem trüben Dunstvorhang, der die Sonne nur in den Morgenstunden als faden, rötlichen Klecks ausspuckt.
Kashi ist ein rastloses, aufdringliches Kaleidoskop der Sinnesreize, das dir die Sprache raubt, dein Gehör malträtiert, deine Geruchsnerven provoziert, das Auge an den Rand seiner Verarbeitungskapazität bringt und deinen Geist vielleicht sogar in den Wahnsinn treibt.
Sie ist die Stadt der Extreme: Penetrantes Geruchswirrwarr zwischen Fäulnis, ätzendem Urin, schwerem Räucherwerk, Knoblauch-Curry-Fettigem Öl, Kuhscheiße und Verbrennungsgestank durchzieht das enge Gassenlabyrinth. Dunkel, stinkend, klaustrophobisch windet sich dieses durch die Altstadt. - Wo ist hier der Anfang? Wo der Ausgang? - Dein Orientierungssinn wird gnadenlos auf die Probe gestellt. Du stapfst durch das Staubgeflimmer, umschlängelst mit jedem vorsichtigen Schritt verrottende Essensreste, stinkenden Plastikmüll und die frischen Hinterlassenschaften der mampfenden "AbfallBrigade". Die behörnten RiesenKuhteile zu passieren, kann ab und an zur kniffligen Herausforderung werden, vorallem wenn sich gleichzeitig die unverschämten Mopedfahrer und drängelnde Mitglieder der BarfußParade an dir vorbeiquetschen! - Was passt alles nebeneinander in einen ZweiMann-Breiten-Durchgang? Hier kannst du es testen! Und du bist mittendrin!
An manchen Tagen ist kaum ein Durchkommen möglich: EndlosSchlangen verstopfen die schmalen Durchläße. Alle warten "geduldig", mit hitzigen Zwischeneinlagen versehen, auf Einlass in die Tempel, und das oft stundenlang. Selbst die verhutzelste Oma, die dir eigentlich kaum bis an die Schulter reicht, will dir dabei beharrlich nicht aus dem Weg gehen, boxt dir eher noch in die Seite, da sie JETZT unbedingt zu ihrer Tempelsitzung muss! Respektvoller "Sicherheitsabstand", gar Privatsphäre suchst du hier vergebens.
Freundlich, aber bestimmt gelingt es dir dann doch, dich durch die drückenden Körpermassen zu schieben (Augen zu und durch!), hastest an den schwer bewaffneten Militärposten vorbei, die hier an jeder Ecke zu finden sind (aufgrund von Ausschreitungen/Bombenattacken in der Vergangenheit). Du widerstehst allen "Madame, have a look!"-Offerten der SareeÖlKitsch-Verkäufer, marschierst am emsigen Hosenbügler vorbei (Hier wird noch mit schweren EisenKohleBügeleisen aus dem vorigen Jahrhundert gearbeitet!), wirfst dem Schneiderer, der an seiner ebenso steinalten Nähmaschine sitzt, ein verschmitztes Lächeln zu und lehnst dankend den verführerisch duftenden, frisch gekochten Chai ab, der hier an jeder Kreuzung zu finden ist (Doch du hattest schon zuviele heute!). Du biegst um die Kurve, rammelst dabei fast mit dem um die Ecke schießenden nächsten BikeFahrer zusammen, trittst dem Straßenköter fast auf den Schwanz (Elende, zerrupfte Kreaturen sind das!). Plötzlich beißender Uringestank, der dich so unvermittelt trifft, dass du den Atem anhalten mußt. Doch zu spät: Ein leichter Würgreiz ist nicht zu unterdrücken. In Windeseile huschst du an dem öffentlichen Pissoir vorbei - im Grunde wird hier überall, ob nun Pissoir oder Hauswand, direkt vor deinen Augen hingepisst; aber immer sind es nur die Männer! Die verfilzte DreckkrustenFrau kann dich ebenso nicht schrecken, wie der Kleinwüchsige oder der am Boden kriechende Beinlose. Alles Elend dieser Welt scheint hier versammelt und auf dich zuzuströmen. Die schmierig-schwarze Hand ausgestreckt, penetrieren dich die aufgereihten Bettler: "One Rupee! Just one Rupee, please!" - Solltest du es geschafft haben, "unbeeindruckt" an ihnen vorbeigekommen zu sein, ohne dein soziales GeberHerz ausgepackt zu haben, - Und du solltest es! Sonst bist du nicht nur dein gesamtes Geld los - wenn einer kommt, kommen sie alle! - ; am Ende hast du nicht wirklich einem von ihnen geholfen! Das ist ein strukturelles, gesamtsoziales Problem, das nicht durch ein paar Touristen-Rupees gelöst werden kann! - wenn du dich also erfolgreich an der Meute vorbeigemogelt hast, die letzten Stufen hinunter zu den Ghats, zum Ganges nimmst, durchfährt dich ein jähes, innerliches Aufatmen. Eine paradoxe Szenerie der Ruhe breitet sich vor deinen Augen aus: Die Luft steht, die unsichtbare Sonne drückt. Alte Männer in knappsten Unterhosen stehen bis zur Hüfte im Wasser, eingeseifte Gesichter, faulenzende Herrschaften unterm urigen Sonnenschirm. Stille Zeitungsleser, lungernde Straßenjungs, energische Wäscherinnen bevölkern die Treppen.
Du blickst dich um, deine Augen folgen dem mondsichelförmigen Verlauf der Ghats von einem Ende im Osten zum Anderen im Westen. Wie an einer Perlenschnur aufgefädelt liegen die Gangesstufen an den Ausläufern der Altstadt. In der Ferne siehst du Rauchschwaden der Verbrennungsstätten aufsteigen. Kleine morsche Holzboote dümpeln in der Mittagsstille. Vereinzelte Drachen tänzeln unruhig am gelangweilten Himmel. Etwas Nicht-Fassbares liegt in der Luft, verschluckt das Gestern und Morgen. Etwas Fließendes, Ungreifbar-Kraftvolles schwabbt dir entgegen, umschließt dich, kriecht in deine Hautporen, steigt in dir auf. - Was diese geheimnisvolle "Energie" eigentlich ist, woher sie kommt, ob sie gar, hüstel, "spiritueller" Art ist, ich weiß es bis heute nicht! Vielleicht ist es "nur" der "Charme" dieses Ortes, seine unvergleichbare Einzigartigkeit? Dieses flirrende, faszinierende Potpourri aus tausenden Gesichtern-Typen-Lebensgeschichten, das sich hier auf engstem Raum ballt, sich in jeder Sekunde von neuem durchschüttelt und wieder zusammenfügt ? Vielleicht ein "Test" meiner immerwährenden Rastlosigkeit, hier konfrontiert mit dem "Stillstand" eines zeitlosen, schimmernden Stadtgemäldes? Ich bin ahnungslos und gleichzeitig "gefangen", lasse geschehen, was geschehen muß, treibe durch die Tage, Gassen, Menschen, nehme meine tägliche Dosis Kashi-Wahnsinn in mich auf, und genau diese innige Annäherung wird es mir am Ende so unendlich schwer machen, diese Stadt wieder zu verlassen!
Ich vergesse dabei natürlich nicht die indischen Männer! Abgesehen von den permanten Starrern (Merke: JEDER Inder glotzt. Und wenn er dies nicht tut, dann nur, weil er gerade mit etwas anderem beschäftigt ist.) und den Geschäftswieseln, umschwirren dich in jeder freien Minute Möchtegern-Machos, fleddrige Straßenjungs und einen auf elegant machende Stadtführer. Und ich betone es noch einmal: Diese "hungrige" Meute ist IMMER da! Wie Fliegen einen Scheißhaufen umkreisen, folgen sie dir auf jeden Schritt. Keine Atempause bleibt dir und schon hast du den Nächsten an der Backe! Seien es die noch recht harmlosen, fast schüchternen Halbstarken, die einfach nur ein Foto mit dir in der Tasche haben wollen (um hinterher mit ihrer "Tourifreundin" angeben zu können), seien es die zielstrebigeren "Did you see the Golden Temple? I can show you!"-Guides, die du für den Rest des Tages nie wieder loswirst oder die dich permanent zuquatschenden Strolcher, die doch nur dein "spezieller Freund" sein wollen und davon leben, dass du ihnen ab und an ein Bier spendierst. Sie nähern sich dir mit dem immergleichen "Fragenkatalog": Wo gehst du hin? Wielange bist du schon hier? Erstes Mal in Indien? Wie heißt du? Woher kommst du? Was ist dein Job? [Eine äußerst wichtige Frage hier!] Bist du verheiratet? Hast du einen Freund? [Indiz für eventuelle "Mehr"-Absichten!] Was denkst du über Indien? Wo übernachtest du? [Aha!:-)] - Innerhalb eines 24-Stunden-Marathons hast du diese "Inquisition" mindestens fünf bis zehn Mal durchgemacht, und keiner der Ich-Will-Alles-Von-Dir-Wissen!-Kerle kann nachvollziehen, dass du vielleicht beim zehnten Annäherungsversuch nicht mehr wirklich gewillt bist, dich durchbohren zu lassen! Sie denken wahrscheinlich, sie wären dein Allererster!:-) Bist du dann auch noch ein paar Tage länger in der Stadt, und du wirst automatisch deine "Stammrouten" etablieren, wirft dir im Vorbeigehen einer dieser ominösen Typen ein "Do you remember me?" - "Last night..." - "Hey, german girl!" entgegen und du denkst nur: WAS???? - Nach zähem Probieren verschiedenster AbwimmelStrategien (Sonnenbrille tragen. Einfach vorbeischauen. Ich verstehe kein Englisch. Ich verstehe garnix. Bin taub.) bin ich am Ende zum Meister im Abservieren geworden! Freundlich, aber bestimmt und immer mit einem entspannten Lächeln im Gesicht. Auch wenn mich der "Burning is Learning!"-Boy, der mich am ersten Tag meiner Ankunft am Manikarnika Ghat abgefangen hatte, bis zum Schluß irgendwie immer mal wieder "begleitet" hat: Wir sind zusammen ins Kino gegangen, hingen stundenlang auf unserem Aussichtsturm über den Scheiterhaufen und laberten über Gott, Tod, Karma, "good life" und "full power".
Noch immer habe ich das Gefühl, mit meiner IndischeMänner-Studie erst angefangen zu haben und noch nicht wirklich den "Knackpunkt" oder gar "Schlüssel" gefunden zu haben. Dieses Thema wird mich wahrscheinlich auch noch in den nächsten drei Monaten begleiten und intensiv beschäftigen. Denn in dem Konglomerat aus "Sammelobjekt", "Beute"-Jagd, "Traue nur mir!", Platzhirschgerangel und aufgestautem Sextrieb (der verzweifelt ein Ventil sucht!) scheint es noch Platz für weitere Muster und Veranlagungen zu geben. - Der nächste, eigenständige "Was ist nur los mit den indischen Männern?"-Report folgt bestimmt.
Nach 17 Tagen Dauer-Varanasi mit gleich drei außergewöhnlichen Festivals (Ich "Glückliche"!) habe ich mich schweren Herzens nun auf den Weiterweg gemacht. Es ist mir dabei nicht leicht gefallen; vielleicht auch aus dem Gewöhnungseffekt heraus. Doch eines kann ich mit absoluter Gewißheit sagen: Kashi ist eine Stadt zum Wiederkommen! Zum UNBEDINGT Wiederkommen!!!
Samstag, 21. November 2015
Ram Naam Satthya Hai!
"You die, so what! You are only a thought. Your thoughts die all the time!"
- Swami Aditya Anantanshu -
"Ram Naam Satthya Hai! Ram Naam Satthya Hai!" - Schallend dringt der vehemente Ruf mehrerer Männerstimmen von Weitem durch die engen, staubbeflusten Gassen. Noch bevor sie überhaupt visuell auszumachen sind, weißt du umgehend: DER TOD KOMMT! "Ram Naam Satthya Hai!" - Ramas Name allein ist Wahrheit! und schon hastet der Leichenzug mit seiner gold-orange glänzenden "Geschenkverpackung" an dir vorbei! Mit zahllosen saffronfarbenen Leichentüchern, glitzernden Bändern und Marigold-Blumengirlanden umwickelt, schwebt der tote Körper - nun seines Atems (der Wahrheit) beraubt - auf einer Bambustrage seinem endgültigen Ziel entgegen. Während du gerade genüßlich deinen Lassi auslöffelst, versunken bist in der sprudelnden Lebendigkeit des Augenblicks. Bizarr! Irreal! Und doch so vertraut-alltäglich in Varanasi!
Kashi, so der traditionelle Name Varanasis, ist die Stadt Vishvanah's, des Herrn des Universums (Shiva). Für die Hinduisten ist sie die heiligste Stätte überhaupt, denn wer hier am Ganga-Ufer verbrannt wird, erreicht automatisch Moksha - die Befreiung aus dem ewigen Kreislauf der Wiedergeburten. Und so trudeln den ganzen Tag über die Toten aus den umliegenden Stadtvierteln und darüber hinaus ein - Nicht selten fährt ein Jeep mit der leblosen Fracht auf dem Dach durch den flirrenden MittagsStau. Sein Ziel dabei: Manikarnika Ghat, dem Hauptkremationsplatz in Varanasi. Unmittelbar an den Stufen des heiligen Flußes gelegen und unverkennbarer Anziehungspunkt der "TodesTouristen". Wie sie mottengleich dem Feuer entgegenströmen, folge auch ich dem Sensenmann! Dränge mich durch das schmale, fast klaustrophobische GassenLabyrinth, vorbei an mampfenden Kühen und zahllosen "Have-A-Look!"-Shopbesitzern. Weiche dabei sekündlich einem verrückten Mopedfahrer oder den allgegenwärtigen, frisch platzierten Scheißhaufen aus. Nach wenigen Minuten öffnet sich der zusammengedrückte Straßenzug hin zu einem mit kleinen TeeBretterbuden, verrußten Tempeltürmchen und massiven Holzstapeln versehenen Platz. Der sogar dem schwammigen Himmel ein wenig Bewegungsfreiheit einräumt. Du stapfst auf den glitschigen Treppen eines düsteren Durchgangs hinunter, eine starr-wuselige Männerhorde "erwartet" dich. Du kämpfst dich durch die Körperansammlung hindurch, schwerer Rauch flutet bereits deine Nase. Dann weitet sich dein Blick auf eine ungewohnte, expressive Szenerie: Auf mehreren Terrassen gleichzeitig brennen an die zwanzig "Scheiterhaufen"! Mal im glühenden Endstadium, mal gerade entfacht. Daneben, auf den Stufen zum Ganges: fünf bis sechs "Geschenkpakete" in der Warteschleife. Dazu der "Nachschub", der fast minütlich aus den Gassen eintrudelt. - PRIMETIME in der TODESZONE! - Was war denn gestern nur los, dass soviele heute hier gelandet sind?? Kein einziges Mal seit meiner Ankunft habe ich in Manikarnika solch immense Geschäftigkeit und LeichenAnstauung gesehen!
Ich sondiere das Geschehen, mein Blick schweift von den mit wuchtigen Holzstücken beladenen Känen unten im Wasser, über die erste brennende Etage der niedersten Kaste (aus Platzgründen wird sogar der schmale Streifen direkt am Fluß genutzt!) und dem emsig eindreschenden Spalter der verwurzelten Scheite hinauf zu der direkt vor mir liegenden Kremationsfläche. Dort bleiben meine Augen urplötzlich hängen: Aus zwei der lodernden Flammenhaufen ragen blanke menschliche Füße heraus! - Wie störrisch-dürre Äste, wie klumpig-verrenkte Attrappen! Energisch schiebt der zuständige Dom (Kremations-"Wärter"/Wächter des Heiligen Feuers) die widerspenstigen "Körperteile" zurück ins Feuer, sodaß auch sie von Agni, dem Gott des Feuers, vernichtet werden können.
"Agni is the fire and that which is consumed, the poison and the cure, the beginning and the end, the beginning without an end, the end without a beginning. He is immortality and death. He reduces everything to ashes, a condition which cannot be reduced further and has thus reached eternity. He will be the one to set our pyre alight and swallow our body. He served the purposes of making chai, cooking rice, keeping mosquitoes away and consuming the ego."
- aus Patrick Levy: Sadhus. -
Es schmort und "brutzelt", starker, schwärzlicher Qualm fräst sich in die Luft, weht herüber, macht das Atmen unglaublich schwer. Stechende Hitze umflimmert mich, die Augen brennen, Ascheteilchen regnen auf mich hernieder. - Ich muß immer wieder ein Stück zurück, da meine Lungen bereits zu schmerzen beginnen.
Es riecht unverkennbar nach MENSCHLICHEM "BARBECUE"! - Doch in Manikarnika gibt es keine Pause, kein Stillstand. Zu viele wartende "Kunden" heute. - Im Hinduismus wird das Verbrennungsritual als Voraussetzung angesehen, um die Seele zu reinigen und vom nun "wertlosen" Körper zu befreien. Frauen sind seit einiger Zeit nicht mehr zugelassen, denn ihr Wehklagen würde die Seele beim Entweichen/Aufsteigen "stören". Zudem kam es leider immer wieder zu Fällen von Sati - der selbstopfernden Witwenverbrennung, bei der sich die Frauen mit ins Feuer des Ehemannes stürzten.
Aufgrund der heutigen Rush-Hour warten die Doms das vollständige Herunterbrennen der einzelnen Stapel nicht ab, sondern drängen den kahlgeschorenen HauptTrauernden der Familie, die Feuerreste symbolisch mit einem Tonkrug zu löschen, bevor er selber halbherzig mit ein paar Eimern Ganga-Wasser nachhilft. Ehe ich mich umgesehen habe, ist bereits der nächste Scheiterhaufen aufgeschichtet, das nächste "pompöse Geschenk" entpackt, auf das Holz geschmissen und auf die letzte Reise gebracht worden. - Der Nächste, bitte!
Trotz dieser permanenten Betriebsamkeit verströmt dieser Ort, "Maha Shamshana" - Der Große Kremationsplatz der Welt - eine unbeschreibbare Ruhe, ja fast transzendierende Stille. Das Schweigen des allgegenwärtigen Todes. Gekoppelt mit der "Emotionslosigkeit", oder vielmehr Gelassenheit der anwesenden Familienmitglieder, in deren Gesichtern eher subtile Ernsthaftigkeit als bestürzte Trauer auszumachen ist. Schlichtes Einvernehmen mit dem Ende. - "Paradoxer" Weise steht Manikarnika aber nicht nur für Tod, Verbrennung, Moksha, sondern ist zu gleichen Teilen ein faszinierender Ort der Vitalität. Chai-wallas laufen mit ihren Blechkannen durch die Reihen, bieten den überall heißgeliebten Gewürztee in kleinen Plastebechern oder Tongefäßen an. Daneben sind die zumeist älteren Männer auf ihren Beobachterposten in irgendwelche Besprechungen vertieft, werfen ab und an einen weitschweifigen Blick auf die Szenerie, bevor sie sich wieder "wichtigeren" Themen zuwenden. Und mittendrin in der "Todeszone" schlurft eine Kuh ihres Weges, auf der Suche nach der nächsten Blumengirlande zum Verfuttern.

Ein sonderbares Gefühl befällt mich ein ums andere Mal, wenn ich mich dieser kuriosen Ansammlung von teils alltäglichen, teils "unkonventionellen" Details hingebe. Manikarnika kommt mir wie ein eigenwilliger, wundersamer Mikrokosmos vor, der genauso von strikten Regeln beherrscht wird, wie er immer wieder von der indischen "ChaosMentalität" durchbrochen wird. Und beschwört trotz der steten Präsenz von Handys und Plastikmüll ein lebendes Bildnis der einstigen Vergangenheit Indiens herauf. So wie auch schon vor Jahrhunderten lodert noch heute das ewige Heilige Feuer, das jeden einzelnen Brand erneut entfacht (Feuerzeuge oder andere Zündmittel sind hier nicht erlaubt.). Und so wie einst, geleitet auch im modernen Zeitalter Shiva persönlich jeden "Neuankömmling" in die andere Welt hinüber.
Namah Shivayah!
Montag, 16. November 2015
Relax! The World Is Maya.
"Give up running after life because you are life."
"Birth and death are only an idea which takes the shape of a body, then leaves it. This idea is a character in the dream of Brahman whose universe is the play. If the idea is transcended, being alone remains."
- Anand Vishvatma Saraswati Baba -
[Patrick Levy - Sadhus. Going Beyond The Dreadlocks.]
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Holy Namaste,
Soundtrack des Lebens,
Weltempfänger
Samstag, 14. November 2015
Einmal Himalaya hin und zurück, bitte!
Etwas, dass mich so oft sprachlos + "klein" werden ließ. Dass mich jeden verdammten Tag, jede einzelne Minute physisch herausforderte!
Mir, dem selbsternannten "Wortzauberer", fehlen jegliche Worte!
Und ich muß gestehen: Ich vermisse sie! Jeden Moment, seitdem wir in diesen RumpelPartyBus nach Pokhara gestiegen sind! - Stell dir vor: Vier Wochen lang schmeißt du dich 5:30 aus dem Bett, mampfst köstlichstes Tibetan Bread in dich hinein, schlürfst hingebungsvoll an deiner Tasse Massalatee, schwingst dir wortlos deinen 12kg-Rucksack auf die Schultern, und fängst einfach an loszuschlappen. Jeden Morgen das gleiche unhinterfragte Ritual. Jeden Tag kämpfst du mit deinen Wehwechen, deinen Rückenschmerzen, deinem Ziehen im Arsch, deinem trotzigen Ego, das jetzt eigentlich ABSOLUT keine Lust mehr hat weiterzumaschieren. Und dennoch läufst und läufst du wie ein fremdgesteuerter Roboter um dein Leben. Der Blick nur nach vorn gerichtet, einzig fokussiert auf den nächsten Schritt, die nächste Stufe, den nächsten Brückensteg, den du zu überwinden hast. - Diese unbedingte Augenblicklichkeit, totale Gegenwärtigkeit, die du mit jeder Sekunde ein- und wieder ausatmest! Du bist dermaßen in und mit dieser "Körperlichkeit" des Auf+Absteigens verbunden/"gefangen", dass dein Geist automatisch mit jedem erarbeiteten Höhenmeter stiller wird - bis er irgendwann ganz verstummt. Dann erreichst du beinahe so etwas wie die Stufe der "übernatürlich-inneren Leere". Du stiefelst ganz für dich "allein" durch diese anfangs noch schwül-tropische Reislandschaft, die später in kargste Mondlandschaft übergeht. Du bist bei dir. Und nur bei dir. Hörst einzigst auf die Rückmeldungen deiner Beine, deiner Atmung. Wie geht es mir gerade? Was brauche ich jetzt? - Tag für Tag einfach "Sein". Die äußere Stille, die in dir widerhallt. Eine nie dagewesene Tiefenentspannung. Stresslosigkeit. Dein Geist reduziert auf minimalste Existenzentscheidungen: Essen. Dusche. Wäsche waschen. Bergeguckn. Teetrinken. Schlafen. Das täglich immer wiederkehrende Erstaunen über das Erreichte. Über die eigenen Teilerfolge - wenn du merkst, dass es dir von einem QuälAufstieg zum nächsten ElendsAufstieg immer leichter fällt, bis du letztendlich fast "hinauffliegst", in einem wahren Rauschzustand. - Wir wurden nicht umsonst die "SpeedQueens" getauft!:-)
Und jeden Tag die immer wiederkehrende Freude, endlich angekommen zu sein! Allen Packesel-Ballast von dir zu schmeißen. Unter den mal warmen, mal eiskalten Wasserstrahl zu stehen und jegliche Anstrengung von dir zu reiben. Ungeduldigstes Warten aufs Essen - Mit einer für mich untypischen Lust und Seligkeit mampfe ich wie ein Scheunendrescher! - Was gibt es Schöneres?!!! - Dann sackt dein gepeinigter, muskelgestärkter Körper in den AbspannModus. Will sich nicht mehr aus dem Stuhl bewegen. Will nur noch literweise den heißgeliebten MassalaTee trinken (Unsere KaffeeErsatzDroge.) und Buch lesen (Wenn man denn eins dabei hätte, haha!). - Diese unvorstellbar einfache Glückseligkeit, ohne jegliche "westlich-nervige" Ablenkung! Sie läßt dich auch wie ein Kleinkind spätestens um 19/20 Uhr in deinen kuscheligen Schlafsack sinken. EndeAusMickeyMaus. Am darauffolgenden Tag beginnt das gleiche "Spiel" von vorne. Ohne Wenn und Aber. Ohne irgendwelche ich-verliebten Ansprüche. Du gibst alles, wozu du imstande bist und nimmst dankend an, was dir zurückgegeben wird.
| Manchmal ist das Leben so einfach wie ein Schneemann! |
| Wer sich nicht beschwert, wird hiermit belohnt! |
| Gemeinsames Highlight No.1 - Thorung La auf 5416m. |
UNAUFGEREGT-AUFREGEND, so waren diese sieben Nepal-Wochen mit dir, meine zweite Hälfte! Ich danke dir für jede Sekunde, die du mit mir "ausgehalten" hast!:-) Für jeden Moment, bei dem ich das Gefühl hatte, nicht allein zu sein (mit all meinem SelbstLeiden oder auch der ungebändigten Freude, die genauso ab+an ein Ventil braucht). Es war für mich vor allem ein "soziales Experiment" - Ihre Frage "Wozu brauchst du mich eigentlich?" ist einfach zu beantworten: Ohne dich wäre ich niemals auf die Idee gekommen, zum Trekking nach Nepal zu gehen (ICH und "WANDERN"? ... NIEMALS!)! Ohne dich wäre all das Durchlebte weniger spannend und "farbenreich" gewesen! Und ohne dich wäre ich nicht gezwungen gewesen, soviel Abstand von meiner ICH-Zentriertheit und Isolation zu nehmen! Dank dir weiß ich: Ich bin garnicht so "asozial", wie ich immer gedacht habe:-) Und: Ich übte mich nach langer Zeit mal wieder darin, Kontrolle abzugeben (oder vielmehr abgeben zu müssen/dürfen) und sich dabei dennoch nicht "unwohl" zu fühlen. - Du hast mir einige fundamentale Lektionen des "Zusammenseins" erneut näher gebracht, ohne hierbei allzu "aufdringlich" zu sein! DANKE!
[Mein erster, leicht hilfloser Gedanke nachdem ich dich am Kathmandu-Airport abgeliefert hatte: "Und wer passt nun auf mich auf?" sagt Einiges!:-) - Habe mich wahrscheinlich zu sehr an deine unmittelbare Gegenwart gewöhnt, hehe! - Aber keine Angst! Das hier soll nicht zu einer "Liebeserklärung" an dich ausarten, also Schluß jetzt!]
| ABSOLUT-Highlight No.2 - AnnapurnaSanctuary - dem WahnsinnsAmphitheater in eisigen 4130m. |
Ich habe mir geschworen: Ich werde, nein! ICH MUß WIEDERKOMMEN!
Bin bereits durch andere, mir berichtende Trekker auf neue Herausforderungen in den MajestätsBergen gestoßen, die ich kaum abwarten kann anzugehen! Und mein sehnsüchtiger, leicht "schmerzender" Blick zurück, als ich beim Abflug von Kathmandu, auf der rechten Seite sitzend, diese grandiose Endlos-Himalaya-Kette noch einmal von oben erspähe, spricht wohl Bände!!!...
Ps. Alle Bilder zu Lost In Nepal-India finden sich hier. Viel Spaß!]
Sonntag, 8. November 2015
Holy Namaste!
Samstag, der 19. September, die Uhr zeigt 10:45 Uhr. Seit mehr als 48h bin ich dauerwach und unterwegs. Mein Geist fühlt sich schlapp und elend an. Mein Körper sehnt sich dringend nach Dusche und Schlaf. Ich stehe in diesem bräunlichen 70er-Jahre-"Schuppen", der eigentlich ein Flughafen sein soll und warte unendlich lange auf mein Gepäck. Wuselige Hektik um mich herum, schwitziger Dunst dringt von außen herein. Eine letzte, leicht chaotisch-konfuse Sicherheitskontrolle, die mehr ein laxes Durchwinken als striktes Durchsuchen ist. Ich ströme schwer bepackt nach draußen - grell-schwüles Licht und 1000 schreiend-fuchtelnde Menschen "begrüßen" mich mit voller Schlagbreite. "Taxi, Taxi, Madam! Taxi, Taxi!" - Der Goldfish ist endlich in Kathmandu angekommen - NAMASTE! oder doch eher Holy Shit???....
Vor einem verwirrenden NamensSchilderwald stehend, blicke ich mich verzweifelt suchend um: Wo ist meine andere Goldfish-Hälfte nur? Hilfe!!! - Sie entdeckt mich zuerst, rettet mich mit ihrem vertrauten Gesicht und einem auch leicht von Müdigkeit gezeichneten Grinsen aus meiner Ankunfts(hilfs)losigkeit, und bevor ich es realisiere, werde ich vom nur schemenhaft wahrgenommenen Hotelbesitzer ins PickUpTaxi verfrachtet und los geht unsere KamikazeFahrt durch KTM! Auf der Rückbank sitzend, in einem Zustand zwischen purer Erschöpfung und "What The Hell?", braust unser MiniVan durch eine StaubAbgasGewimmel-Kulisse, ZickzackSlalomlauf mit höchster Suizidgefahr, da hier nicht nur Linksverkehr herrscht sondern auch keine Fahrbahnen, Ampeln oder gar irgendwelche Regeln existieren! Jeder erdrängelt sich mit immenser Hup-Unterstützung seinen Weg, Fußgänger sind dabei ganz unten in der Rangordnung. Vorbei an trostlos-baufälligen Häuserkonstruktionen, kunterbuntesten ReklameWirrwarr, verheißungsvollem hinduistischen Festivalzelt (Ohhh, was war das denn? Haste auch gesehen? - Und schon ist es wieder aus dem Blickfeld entschwunden.) erreichen wir Thamel - DIE TouriHochburg von Kathmandu. Und auch die erste Station unseres Nepal-"Experiments".
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| "Was ist Thamel?" Genau DAS! Jeden Tag. Jede Stunde. Ohne Atempause. |
So ist es kein Wunder, dass wir nach vier Tagen Hauptstadt-Durcheinander den Bus in Richtung Himalaya, den magisch-verheißungsvollen Bergen nehmen. Man kann sagen: Wir "flüchten" regelrecht aus KTM - ohne zu wissen, ob dort, wo wir in unserem Rumpelgefährt hingebracht werden, die nächste "Hölle" oder ein ungeahntes "Paradies" auf uns wartet...
| "Sauron" läßt grüßen... |
Kathmandu - Mittwoch, der 4. November. Ich befinde mich auf meinem Schlängelparcours durch die engen Gassen von Asan, mein heutiges Ziel ist Patan/Lalitpur - die "Stadt der Schönheit" - einst eine unabhängige Königsstadt neben KTM und Bhaktapur, heute fließend ineinander übergehend. Beim Gedanken an mein damaliges AnkunftsSzenario vor sechs Wochen muß ich automatisch innerlich lächeln: Wie ich mich nun nahtlos in die Alltagskulisse der nepalesischen Hauptstadt - dem einst von mir so beschimpften "Drecksloch" - einfüge, galant meinen Weg entlang der überfüllten Hauptstraßen finde, so tiefenentspannt den ganzen "Zirkus" in mich aufnehme und dabei immer wieder dem subtilen Reiz, der unumwundenen Faszination kleinster Details erlegen bin, erscheint mir meine anfängliche, leicht gestresste "Abneigung" meilenweit entfernt, ja ein bißchen auch "kindisch". Natürlich habe ich in der Zwischenzeit zudem ein ganz anderes, stilles, ja ehrfürchtiges Nepal erleben dürfen, das mich mit der Monumentalität seiner heiligen, schneebedeckten Gipfel ein ums andere Mal hat staunen lassen. Das mich mit der "Körperlichkeit" und der Reduzierung auf minimalste Bedürfnisse so "entleert" und vereinfacht hat, dass ich nun auch endlich in einem Stadium unbedingter Reiselust angelangt bin. - Ein Zustand mentalen Fließens, der ausschließlich der Erhabenheit des Moments gehorcht.
Aus dieser "höheren" BetrachtungsPerspektive heraus, gebe ich allen zukünftigen KathmanduReisenden nun folgende, ganz persönliche "Empfehlungen" mit auf den Weg. [Und Touristen braucht das Land! Da Nepal fast ausschließlich von diesem Sektor lebt! - Jetzt, nach dem "Horrorjahr" 2015 mit den immer noch nachwirkenden Erdbebenschäden und der aktuellen, selbst das alltägliche Leben beeinträchtigenden Grenz"Blockade" mit Indien um so mehr!]
How to Survive Kathmandu?
Merke dir eines ganz genau: Diese Stadt fordert deine volle Aufmerksamkeit! Und zwar rund um die Uhr! Denn sie legt dir in jeder Sekunde zahllose mögliche "Stolpersteine" vor die Füße: Unablässiges Gewimmel in den schmalen Gassen. Spuckende/schlurfende Nepalis, drängelnde Mopeds und Rikshafahrer, streunende Straßenköter, hupende Taxis - sie alle können zu einer abrupten GehBlockade werden. Scheißhaufen und unvermittelte Baulöcher befördern deinen Blick automatisch (und immer!) nach unten. Leicht verzweifelt wirkende Shopbesitzer (Wer kann es ihnen in diesen wirtschaftlich sehr schwierigen Zeiten verübeln!), TrekkingAgenten, "Heiratsvermittler", Fiedler und Flötenspieler, Haschischverkäufer ("Psst, smoke?" "Want something?" - und das bereits am ersten Tag!!!), Lumpenbettler, "Verrückte" (Die Weihnachtsfrau:-) - sie alle wollen etwas von dir! Und zwar dein Geld! Denn als Touri bist du unweigerlich für die Nepalis eine laufende Geldbörse, die nur angezapft werden muß. Motorheulen, lautstarke Diskussionen der neuesten Nachrichten, Schlagbohrerkreischen, Generatorengebrumme und ewig-gleiches Musikgeplärre ("Om Mani Padme Hum" an jeder Ecke) belasten selbst das toleranteste Gehör irgendwann. Die permanente, sämtliche Abgasnormen überschreitende Luftverschmutzung raubt dir mindestens ein paar deiner wertvollen Lebensmonate - Nimm sie einfach in Kauf! Das "Unperfekte"/"Unfertige"/"Unzuverlässige" in allem und jeden, ob nun abenteuerliche Bauweise, "Arbeitsmoral", Busfahrpläne oder Geschäftemacherei, sind zunächst ein massiver Affront gegen die gewohnte, westliche Leistungs- und PerfektionsMentalität.
Eigentlich ein konstantes mentales ZERREN, ZIEHEN, ÜBERWÄLTIGEN, ÜBERFORDERN, BEDRÄNGEN! Der normale Wahnsinn der Straße! Der die "unschuldige", Privatsphäre und Stille liebende, schnell genervte, verwöhnte westliche Seele komplett an die Wand presst - alle bisherigen Sinnesgrenzen ultimativ herausfordert, so dass jegliche Alarmglocken zu schreien beginnen. - Und dennoch: Wenn man die Gelassenheit und die augenscheinliche Leichtigkeit der Nepalis beobachtet, begreift (Auch wenn sie natürlich, und im Moment noch um ein Vielfaches verstärkt, ein härteres, unsicheres, abstruseres Leben zu meistern haben, das jeden Tag/jede Minute existentiell bedrohlich werden kann!), wenn man in diesem wilden Strudel einfach mitschwimmt, Tag für Tag die kleinen "Geschenke" dankbar annimmt (ob nun ein erstaunt-verhuschtes-offenes Lächeln, der Blick in ein vom Alltag gezeichnetes Gesicht, das soviel mehr erzählt als jede abgeschliffene Oberfläche, ein unerwarteter "Straßenfund", ein gelungenes Porträtfoto, das Abfangen eines Moments absoluter spiritueller Vertiefung, die strahlenden Augen eines kleinen Mädchens, das von seinem Vater einen Luftballon geschenkt bekommt...) - Wenn man zum "MEISTER DER STRAßE" wird und alles, wie es nun einmal ist, in sich aufsaugt, zur persönlichen, grenzerweiternden "Bereicherung" benutzt .... dann kann und wird man in Kathmandu/Nepal aufs Höchste und mit einer unglaublichen Lebenslust "überleben"!!!
| Der normale "Wahnsinn der Straße" in Nepal. |
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